Vor zwanzig Jahren führte die Europäische Union den europaweiten Binnenmarkt ein. Damit fielen in der EU alle wirtschaftlichen Grenzen. Auch die Schweiz ist über das Freihandelsabkommen aus dem Jahr 1972 sowie die bilateralen Verträge wirtschaftlich eng mit dem EU-Binnenmarkt verflochten. Für die Schweizer MEM-Industrie ist die EU der mit Abstand der wichtigste Absatzmarkt. Sie exportierte 2011 Güter im Wert von über 41 Milliarden Franken in die EU. Das sind rund 60 Prozent aller MEM-Güterexporte. Von grosser Bedeutung für die MEM-Branche sind neben dem Freihandelsabkommen vor allem die Abkommen über den freien Personenverkehr, den Abbau technischer Handelshemmnisse und das öffentliche Beschaffungswesen.
Freier PersonenverkehrIn der MEM-Industrie besteht schon seit Jahren ein grosser Fachkräftemangel. In einer Umfrage haben im vergangen Jahr über zwei Drittel der Swissmem-Mitgliedfirmen angegeben, dass ihnen Fachkräfte fehlen. Der Schweizer Arbeitsmarkt alleine ist nicht in der Lage, diesen Mangel zu beheben. Aus der Umfrage ging zudem hervor, dass die MEM-Unternehmen vor allem gut ausgebildete Fachkräfte aus dem EU-Raum rekrutieren. Die Personenfreizügigkeit hilft somit, den Fachkräftemangel zu dämpfen.
Während die meisten bilateralen Abkommen völlig unbestritten sind, ist in den letzten Monaten eine breite Debatte um den freien Personenverkehr entstanden. Mehrere politische Vorstösse haben zum Ziel, ihn einzuschränken oder sogar abzuschaffen. Swissmem stellt sich konsequent gegen jegliche Einschränkungen der Personenfreizügigkeit. Diese Haltung wird auch von der Mitgliedschaft gestützt, denn fast 80 Prozent der KMU und über 90 Prozent der grösseren Mitgliedunternehmen erwarten negative Konsequenzen, falls das Abkommen gekündigt würde. Gemäss den Angaben der Firmen wären eine Schwächung der Innovationskraft, eine Erhöhung des Verlagerungsdruckes oder höhere Lohn- und Administrationskosten die Folgen.
Technische Handelshemmnisse
Das Abkommen über den Abbau technischer Handelshemmnisse ist ein handelspolitisches Kernelement in den Beziehungen zur EU. Das Abkommen schliesst insgesamt 16 Produktesektoren ein. Es stellt sicher, dass für schweizerische Hersteller auf dem europäischen Markt praktisch dieselben Marktzutrittsbedingungen gelten wie für die Konkurrenten aus der EU. Das betroffene Handelsvolumen ist beträchtlich. Im Jahr 2006 betraf dieses Abkommen Schweizer Exporte sowie Importe aus der EU von je 47 Milliarden Franken.
Das Abkommen regelt die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen. Dabei geht es um Prüfungen, Zertifizierungen, Inspektionen und Zulassungen. Ohne das Abkommen müsste ein Schweizer Exporteur zusätzlich zur inländischen Prüfung eine Konformitätsbewertung für seine Produkte in der EU durchführen. Dies erschwert und verlangsamt die Abläufe erheblich und verursacht hohe Kosten. Diese sinnlose Doppelspurigkeit entfällt mit dem Abkommen über den Abbau technischer Handelshemmnisse und erspart der Schweizer Exportindustrie gemäss Seco Ausgaben von jährlich ca. 250 – 500 Millionen Franken.
Öffentliches Beschaffungswesen Das Abkommen über das öffentliche Beschaffungswesen legt die Kriterien fest, gemäss denen gewisse Beschaffungen international öffentlich ausgeschrieben werden müssen. Mit diesem Abkommen wird der Anwendungsbereich der bestehenden WTO-Regeln ausgedehnt. Gerade auch in der MEM-Industrie gibt es eine Vielzahl von Unternehmen, die vom gleichberechtigten Zugang zu diesem grossen Markt in der EU profitieren können.
Vertiefung der Beziehungen erwĂĽnscht
Aufgrund der vielen Vorteile, die die engen wirtschaftlichen Verflechtungen mit der EU der Schweizer MEM-Industrie bringen, setzt sich Swissmem für weiterhin gute Beziehungen mit der EU ein. Der bilaterale Weg hat sich bewährt und muss weitergeführt sowie punktuell ausgebaut werden, damit Schweizer Unternehmen möglichst uneingeschränkt am EU-Binnenmarkt teilnehmen können.