In der Schweizer MEM-Industrie sanken im ersten Quartal 2020 im Vergleich zur Vorjahresperiode sowohl die AuftragseingĂ€nge (-2,0%) wie auch die UmsĂ€tze (-5,7%). Damit setzte sich zu Beginn dieses Jahres der negative Trend fort, der schon Mitte 2018 eingesetzt hatte. Dessen Ursachen lagen in der schwachen Konjunktur in den MEM-MĂ€rkten sowie der weiteren Aufwertung des Schweizer Frankens gegenĂŒber dem Euro. Entsprechend tief ist die KapazitĂ€tsauslastung in den Betrieben. Sie erreichte gemĂ€ss KOF im ersten Quartal 83,6 Prozent, womit sie unter dem langjĂ€hrigen Mittelwert von 86,4 Prozent lag. Im April fiel die KapazitĂ€tsauslastung auf 80,9 Prozent â eine erste Konsequenz des Lockdowns.
Sinkende Exporte in sÀmtliche Absatzregionen
Die GĂŒterausfuhren der MEM-Industrie reduzierten sich im ersten Quartal 2020 gegenĂŒber dem Vorjahresquartal um hohe -8,4 Prozent und erreichten einen Wert von 15,8 Milliarden Franken. Dieser ExportrĂŒckgang ist primĂ€r die Folge der stark sinkenden AuftragseingĂ€nge im Vorjahr. Es sind darin auch erste Konsequenzen der Pandemie als Folge des Lockdowns in den AbsatzmĂ€rkten erkennbar. Besonders ausgeprĂ€gt sind die ExportrĂŒckgĂ€nge in die EU (-10,4%). Aber auch nach Asien (-7,0%) und in die USA (-6,0%) waren sie rĂŒcklĂ€ufig. Die negative Exportentwicklung betraf sĂ€mtliche Warengruppen. Im Maschinenbau betrug der ExportrĂŒckgang -12,1 Prozent, bei den Metallen -8,8 Prozent, im Bereich Elektrotechnik / Elektronik -4,3 Prozent und bei den PrĂ€zisionsinstrumenten -4,5 Prozent.
DĂŒstere Aussichten fĂŒr das Q2 und Q3
Die GeschĂ€ftszahlen der MEM-Industrie des ersten Quartals 2020 zeigen das Bild vor dem Lockdown. Dessen Konsequenzen werden die Industrie erst im zweiten und dritten Quartal 2020 voll treffen. Die aktuellen Werte des Einkaufsmanagerindex (PMI) deuten in den wichtigsten AbsatzmĂ€rkten auf einen sehr starken Einbruch hin. So wies der PMI der Eurozone im Februar 2020 einen Wert von 49,2 auf und stĂŒrzte im April auf 33,4 ab (Werte unter 50 indizieren einen RĂŒckgang). Auch die Ergebnisse der jĂŒngsten Swissmem-Umfrage unter den Mitgliedfirmen weisen deutlich auf eine negative Entwicklung hin:
- Die Erwartungen der MEM-Firmen fĂŒr die kommenden zwölf Monate haben sich massiv verschlechtert. 70 Prozent gehen von einem RĂŒckgang der AuftragseingĂ€nge aus dem Ausland aus. Ende 2019 waren es nur 28 Prozent gewesen.
- Fast die HÀlfte der MEM-Firmen (48%) erleiden durch die Pandemie Stornierungen von AuftrÀgen. Diese UmsÀtze werden in den kommenden Monaten wegfallen.
- Stornierungen und wegbrechende AuftrÀge hatten zur Folge, dass 80 Prozent der MEM-Unternehmen gezwungen waren, Kurzarbeit zu beantragen.
Hans Hess, PrĂ€sident Swissmem, ist sehr besorgt: «Die Situation in den MEM-Firmen hat sich im April deutlich verschlechtert. Alle FrĂŒhindikatoren weisen auf einen massiven UmsatzrĂŒckgang ab dem zweiten Quartal 2020 hin. Ab wann es wieder aufwĂ€rts geht, ist im Moment völlig offen.»
ReisebeschrÀnkungen behindern die Industrie stark
Der Verkauf von IndustriegĂŒter ist oft ein aufwĂ€ndiger Prozess. Verkaufs- und Projektmeetings, Demonstrationen und ProbelĂ€ufe sind unerlĂ€sslich. Dasselbe gilt fĂŒr die Abnahme der GĂŒter ab Werk, die Installation im Zielbetrieb sowie fĂŒr Reparatur- und Servicearbeiten. FĂŒr diese TĂ€tigkeiten mĂŒssen die entsprechenden Spezialisten und auch die Kunden reisen können. Die aktuellen ReisebeschrĂ€nkungen gehören fĂŒr 67 Prozent der MEM-Firmen zu den drei wichtigsten Problemen des Lockdowns. Sie erschweren es extrem, neue AuftrĂ€ge zu gewinnen, laufende abzuschiessen und diese zu verrechnen.
Auch die Politik ist gefordert
Um die negativen Auswirkungen der Corona-Epidemie in der Schweizer MEM-Industrie zu dĂ€mpfen, braucht es Verbesserungen der Rahmenbedingungen. Bereits am 12. Mai 2020 eröffnet sich der Finanzkommission des StĂ€nderates die Chance, diesen Prozess in die Wege zu leiten. Sie wird an ihrer Sitzung ĂŒber die Aufhebung der Industriezölle beraten. Der Wegfall dieser Zölle wĂŒrde allein fĂŒr die MEM-Industrie eine jĂ€hrliche Kostenersparnis von rund 125 Millionen Franken sowie erhebliche administrative Erleichterungen bringen. «Die Aufhebung der Industriezölle wĂ€re eine echte Verbesserung und ein starkes Zeichen der UnterstĂŒtzung fĂŒr die Industrie in der Schweiz», betont Hans Hess. Swissmem fordert, dass der National- und StĂ€nderat diesen Vorschlag des Bundesrates in der Sommersession gutheissen, damit die Aufhebung der Industriezölle auf Anfang 2021 in Kraft treten kann.
DarĂŒber hinaus stehen fĂŒr Swissmem zurzeit folgende, kurzfristig wirkende Forderungen im Vordergrund:
- Lockerung der ReisebeschrĂ€nkungen: Swissmem ist erfreut, dass der Bund die EinreisebeschrĂ€nkungen fĂŒr Spezialisten, Techniker und Kunden aus EU/EFTA-LĂ€nder gelockert hat. GemĂ€ss Aussagen von BundesrĂ€tin Keller-Sutter in der ausserordentlichen Session und des Rundschreibens des Staatssekretariats fĂŒr Migration vom 8. Mai können die Kantone ab sofort auch neue Meldungen und Gesuche fĂŒr eine kurzfristige ErwerbstĂ€tigkeit bzw. Einreise bearbeiten, die im Sinne eines zwingenden wirtschaftlichen Interesses unaufschiebbar sind. Dazu gehören Gesuche fĂŒr die Kundenakquise, inklusive VerkaufsgesprĂ€che und fĂŒr Spezialisten zur Abnahme von Maschinen, etc. Die Industrie setzt seit Wochen die BAG-Regeln konsequent um. Das Gesundheitsrisiko ist somit tief. Hingegen sind derzeit die wirtschaftlichen Probleme gross. Die Industrie setzt deshalb auf eine grosszĂŒgige kantonale Praxis. Eine analoge Lockerung soll zudem spĂ€testens am dem 8. Juni auch fĂŒr entsprechende Personen aus Drittstaaten erfolgen.
- Die Frist fĂŒr die Einreichung von Gesuchen fĂŒr ĂberbrĂŒckungskredite muss bis Ende 2020 verlĂ€ngern werden. Weil LiquiditĂ€tsengpĂ€sse in vielen MEM-Firmen erst im zweiten und dritten Quartal aktuell werden, mĂŒssen die betroffenen Unternehmen auch nach dem 31. Juli 2020 die Möglichkeit haben, solche Kreditgesuche einzureichen.
- Die Bezugsdauer fĂŒr KurzarbeitsentschĂ€digung muss auf 18 Monate erhöht werden. Gewisse Betriebe mussten aufgrund der schwachen Konjunktur in den ZielmĂ€rkten bereits 2019 Kurzarbeit einfĂŒhren und erreichen bald das Ende der aktuell auf zwölf Monate beschrĂ€nkten Bezugsdauer.
- Der Forschungsbetrieb an den Hochschulen muss wieder aufgenommen werden. Die Zusammenarbeit von Unternehmen mit den Hochschulen und Forschungsinstitutionen ist fĂŒr die Innovations- und damit mittel- und langfristig fĂŒr die WettbewerbsfĂ€higkeit der Schweiz essenziell.
Weitere AuskĂŒnfte erteilen:
Ivo Zimmermann, Leiter Kommunikation
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Philippe Cordonier, Responsable Suisse romande
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