Stefan Brupbacher, wie ist die Lage in der Industrie in diesen Tagen nach Ostern?
Stefan Brupbacher: «Die Industrie leistet einen enormen Beitrag zur Bewältigung der Krise. Maschinen, welche zum Beispiel Lebensmittel produzieren, müssen am Laufen gehalten werden. Dafür braucht es Ersatzteile und Servicekräfte. Manche Firmen produzieren Güter, für welche die Nachfrage explodiert ist, etwa Beatmungsgeräte. Alle Mitarbeitenden leisten im Moment einen grossen Sondereinsatz, der bewundernswert ist und für welchen wir ihnen dankbar sein sollten. Die Krise trifft aber viele Firmen sehr hart: Lieferketten sind unterbrochen und der Export von Maschinen funktioniert wegen Logistikbeschränkungen nicht mehr. Generell kämpfen viele Unternehmen mit der Sicherung der Liquidität, mussten Kurzarbeit anmelden. Alle zählen auf eine möglichst international kohärente Politik für die kommenden zwölf Monate, bis es einen Impfstoff gibt.»
Welche Auswirkungen wird die Krise auf die Industrie mittel- bis langfristig haben?
«Das hängt stark vom weltweiten Verlauf der Pandemie ab. Unsere Branche exportiert 80 Prozent ihrer Produkte ins Ausland. Entsprechend wichtig sind die Ausstiegsstrategien aus dem Lockdown in unseren Absatzmärkten. Gift wären lange und wiederkehrende Lockdowns: das würde wohl zur Verschärfung der weltweiten Wirtschaftskrise führen, die den konjunkturabhängigen Absatz von Investitionsgütern wie Maschinen besonders hart treffen würde. Deshalb engagieren wir uns hier und über unsere Dachverbände in Europa für eine sinnvolle Ausstiegsstrategie aus dem Lockdown – alles unter Sicherung der Gesundheit unserer Mitarbeitenden.»
Wie stellen die Industriebetriebe sicher, dass die Hygiene- und Gesundheitsvorschriften eingehalten werden?
«Unsere Unternehmen haben frühzeitig Massnahmen zum Schutz ihrer Mitarbeitenden ergriffen. In der Produktion wurden beispielsweise die Abstände zwischen den Personen erhöht und Schichtpläne angepasst, damit nicht mehr so viele Personen gleichzeitig arbeiten. Es wird Schutzkleidung getragen, wo dies nötig und möglich ist. Mitarbeitende arbeiten im Homeoffice, wo dies machbar ist. Auch für besonders gefährdete Personen konnten so meist Lösungen gefunden werden. Dies alles zeigt: Ein sicherer Betrieb für die Mitarbeitenden, Kunden und Lieferanten ist möglich.»
Was erwarten Sie von der Politik angesichts dieser Herausforderung?
«Der Bund hat in der ersten Phase gut reagiert. Insbesondere die rasche und unbürokratische Unterstützung für die Betriebe ist lobenswert. Anders als im Ausland ist das Geld rasch bei den Firmen angekommen und es wurden keine A-fonds-perdu-Beiträge verteilt. Für die zweite Phase nun ist ein schrittweiser, kontrollierter aber rascher Ausstieg aus dem Lockdown nötig, andernfalls die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Schäden untragbar werden. Dazu braucht es eine Verlagerung hin zum Schutz besonders gefährdeter Personen – namentlich der älteren Bevölkerung. Weiterhin sind Hygiene- und Distanzmassnahmen konsequent umzusetzen sowie mehr Tests, Masken und – freiwillig – gewisse Apps einzusetzen. Damit soll sichergestellt werden, dass auch bei erneut steigenden Fallzahlen eine Überlastung des schweizerischen Gesundheitssystems und erneute Lockdowns verhindert werden. Zudem muss der wirtschaftliche Schaden dank guter Rahmenbedingungen vermindert, ja rückgängig gemacht werden. Bundesrat und Parlament haben es in der Hand: Statt Subventionen will die Industrie zeitlich befristete Lockerungen beim Arbeitsgesetz und die Abschaffung der Industriezölle im Wert von über 100 Mio. Franken. So sichern wir Jobs und Wohlstand, ohne dass sich der Bund dafür weiter verschulden müsste.»