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Sperrfristenschutz und kurze Absenzen

Häufig werden Arbeitgeber mit der Situation konfrontiert, dass eine kurze Arbeitsunfähigkeit des bereits gekündigten Mitarbeiters die Kündigungsfrist um einen Monat verlängert. Besteht hier nicht ein Missverhältnis?

Eine Arbeitnehmerin erkrankt beispielsweise noch während ihrer Kündigungsfrist für zwei Tage an starken Kopfschmerzen. Sofern der Arbeitgeber gekündigt hat, steht gemäss Art. 336c lit. b OR während dieser krankheitsbedingten Abwesenheit des Mitarbeiters der Ablauf der Kündigungsfrist still (Sperrfristenschutz), d.h. die Kündigungsfrist verlängert sich um zwei Tage. Falls der Arbeitsvertrag – und dies ist in den meisten Fällen so geregelt – nur «auf Ende eines Monats» gekündigt werden kann, besteht die hohe Wahrscheinlichkeit, dass sich deswegen die Kündigungsfrist nicht nur um zwei Tage, sondern eben bis zum nächsten Monatsende – also um einen ganzen Monat verlängert (Art. 336c Abs. 3 OR).

Diese Regelung scheint unverhältnismässig – ein Monat verlängerte Kündigungsfrist für zwei Tage Kopfschmerzen?

Die höchstrichterliche Rechtsprechung ist nach wie vor der Meinung, dass der Kündigungsschutz grundsätzlich unabhängig von der Dauer der Arbeitsunfähigkeit greifen soll. Ein allfälliges Missverhältnis wird dabei in Kauf genommen. Bei der Beurteilung des Sperrfristenschutzes greifen die Gerichte häufig auf zwei Argumente zurück: Wurde der Arbeitnehmer während seiner Arbeitsunfähigkeit an der Stellensuche behindert oder haben sich die Anstellungschancen durch die Arbeitsunfähigkeiten geschmälert? Meist kann das eine oder andere Argument oberflächlich bejaht werden.

Es gibt jedoch immer mehr Stimmen in der Rechtslehre und Rechtsprechung, welche fordern, dass in solchen Fällen eine individuellere und komplexere Abwägung der Umstände stattfinden muss: Sucht der Arbeitnehmer überhaupt eine neue Stelle? Inwiefern behindert die Arbeitsunfähigkeit die Stellensuche effektiv? Ist der Arbeitnehmer freigestellt und hat daher viel Zeit zur Stellensuche? Beeinträchtigt die kurze Arbeitsunfähigkeit die Chance auf eine neue Stelle etc.?

Was kann der Arbeitgeber tun?

Es besteht die Möglichkeit im Arbeitsvertrag zu vereinbaren, dass das Arbeitsverhältnis auf einen beliebigen Termin gekündigt werden kann und nicht, wie gesetzlich vorgesehen, auf Ende eines Monats (Art. 335c Abs. 1 OR). Damit würde die Kündigungsfrist nur um die effektiven Tage der Arbeitsunfähigkeit verlängert – und nicht auf das Ende eines Monats. Allerdings ist zu bedenken, dass diese Regelung personalpolitisch anspruchsvoll sein kann – denn die meisten Stellenabgänge- resp. antritte sind nach wie vor auf Ende eines Monats. Gerade bei Firmen mit grossem Personalbestand könnte dies zu einem enormen Aufwand führen.

Die andere Möglichkeit ist, in einem Rechtsstreit die Berufung auf Sperrfristenschutz bei kurzen Absenzen als rechtsmissbräuchlich anzufechten. Die Gerichte sind hier jedoch nach wie vor sehr zurückhaltend und der Schutz des Arbeitnehmers wird hoch gewertet.

Es bleibt weiter zu hoffen, dass die Rechtsprechung künftig immer differenzierter abwägt, ob ein Sperrfristenschutz bei Arbeitsunfähigkeit von wenigen Tagen tatsächlich angezeigt ist.

Swissmem-Mitgliedern gibt Zora Bosshart, Ressortleiter Bereich Arbeitgeberpolitik (044 384 42 23 oder z.bosshartnoSpam@swissmem.ch) gerne Auskunft.

Letzte Aktualisierung: 02.04.2020, Zora Bosshart