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Manchmal ein Spagat zwischen Wahrheit und Wohlwollen: Das Arbeitszeugnis

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Ein kleines Wort mehr oder weniger im Arbeitszeugnis kann für grosse Diskussionen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sorgen, auch wenn das Arbeitsverhältnis bereits beendet ist. Wann muss der Arbeitgeber hart bleiben, wann kann er nachgeben?

Zwingender Inhalt des Arbeitszeugnisses

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, dem Arbeitnehmer auf sein Verlangen ein Arbeitszeugnis auszustellen (Art. 330a Abs. 1 OR). Am Ende des Arbeitsverhältnisses wird ein sog. Vollzeugnis, während des laufenden Arbeitsverhältnisses ein Zwischenzeugnis ausgestellt.

Zum zwingenden Inhalt des Vollzeugnisses gehören:

  • die Personalien des Arbeitnehmers  tatsächlicher Arbeitsbeginn (nicht Datum des Vertragsabschlusses)
  • rechtliches Ende des Arbeitsverhältnisses
  • detaillierte Auflistung der wichtigsten tatsächlich ausgeübten Funktionen und Tätigkeiten und deren Dauer (nicht die Tätigkeiten nach ursprünglichem Stellenbeschrieb)
  • Bewertung der Leistungen (Arbeitsquantität und -qualität, Arbeitsbereitschaft, Belastbarkeit, Führungsqualität, Kreativität, etc.)
  • Verhalten (Loyalität, Verantwortungsbereitschaft, Vertrauenswürdigkeit, etc.)

Spagat zwischen Wahrheit und Wohlwollen

Das Arbeitszeugnis muss der Wahrheit entsprechen und vollständig sein. Es soll einem zukünftigen Arbeitgeber ermöglichen, sich ein möglichst wahrheitsgetreues Bild vom Arbeitnehmer zu machen. Gleichzeitig darf das Arbeitszeugnis den Arbeitnehmer aber nicht in seinem beruflichen Fortkommen behindern bzw. soll wohlwollend sein.

Konkret bedeutet das, dass auch negative Punkte erwähnt werden dürfen und müssen. Voraussetzung ist aber, dass sie für die Gesamtbeurteilung des Arbeitnehmers wesentlich und entscheidend sind. Es darf sich nicht um isolierte Einzelfälle oder Kleinigkeiten handeln. Zudem muss die gesamte Anstellungsdauer miteinbezogen werden. Unstimmigkeiten, wie sie gegen Ende eines Arbeitsverhältnisses oft vorkommen, dürfen gemessen an der gesamten Anstellungsdauer nicht überbewertet werden.

Strafbare Handlungen, Krankheit und Kündigungsgrund erwähnen?

Strafbare Handlungen sind zu erwähnen, soweit diese in Verbindung mit dem Arbeitsverhältnis stehen und für die Gesamtbeurteilung der Leistung des Arbeitnehmers relevant sind (Bsp. Entlassung wegen Veruntreuung von CHF 25‘000 (BGE 101 II 69)). Nach Bundesgericht ist eine Krankheit zu erwähnen, wenn sie entweder Einfluss auf die Leistung oder auf das Verhalten hatte oder Grund für die Vertragsauflösung war. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der dadurch entstandene Arbeitsunterbruch im Verhältnis zur Gesamtdauer der Anstellung so ins Gewicht fällt, dass ohne Erwähnung ein falscher Eindruck über die gewonnene Berufserfahrung entstehen könnte (BGE 136 III 510). Der Kündigungsgrund darf gegen den Willen des Arbeitnehmenden nicht erwähnt werden, es sei denn, es handle sich um eine gerechtfertigte fristlose Kündigung.

Ermessen und Haftung des Arbeitgebers

Bei der Formulierung des Arbeitszeugnisses hat der Arbeitgeber ein gewisses Ermessen. Der Arbeitnehmer hat keinen Anspruch auf eine bestimmte Wortwahl. Dennoch lohnt sich der Streit mit dem Arbeitnehmer unter Umständen nicht, wenn es sich um Nuancen handelt, welche inhaltlich keinen grossen Unterschied machen. Wünscht der Arbeitnehmer beispielsweise die Formulierung «volle Zufriedenheit» anstatt «gute Leistung», muss sich der Arbeitgeber fragen, ob sich eine Diskussion darüber lohnt. Unvollständige oder unwahre Arbeitszeugnisse können zwar zu einer Schadenersatzpflicht des ausstellenden Arbeitgebers führen. Bis heute ist jedoch nur ein einziger Fall bekannt, in welchem das Bundesgericht einen ehemaligen Arbeitgeber zur Leistung von Schadenersatz gegenüber dem neuen Arbeitgeber verpflichtete. Dabei ging es nicht um eine Formulierungsfrage, sondern um die Erwähnung einer strafbaren Handlung. Der Arbeitgeber hatte es unterlassen im Arbeitszeugnis zu erwähnen, dass der Arbeitnehmer eine beträchtliche Summe Geld veruntreut hatte. Anstatt die Chance für einen Neuanfang zu nutzen, schritt der Arbeitnehmer beim neuen Arbeitgeber gleich nochmals zur Tat, worauf der neue den alten Arbeitgeber auf Schadenersatz verklagte (BGE 101 II 69).

Für weitere Fragen steht Mitgliedfirmen von Swissmem Eva Bruhin, Ressortleiterin Bereich Arbeitgeberpolitik (e.bruhinnoSpam@swissmem.ch), gerne zur Verfügung.

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Letzte Aktualisierung: 06.09.2018