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Arbeitszeugnis – Grenzen des Formulierungsanspruchs

In den arbeitsrechtlichen Newsletterbeiträgen steht immer wieder das Arbeitszeugnis im Fokus. Das hat seine Gründe. Swissmem stellt in der täglichen Beratungsarbeit fest, dass zu diesem Thema regelmässig Fragen auftauchen. Dieses Mal geht es um den Anspruch auf sogenannte Bedauernsbekundungen.

Haben Arbeitnehmende einen Anspruch darauf, dass am Ende eines Arbeitszeugnisses sogenannte Bedauernsbekundungen ausgesprochen werden?

Gemäss Art. 330a Abs. 1 OR können Arbeitnehmende vom Arbeitgeber jederzeit ein Arbeitszeugnis verlangen. Dieses hat sich grundsätzlich zu Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses sowie zu Leistungen und Verhalten auszusprechen. Das Bundesgericht äussert sich hierzu wie folgt:

«Der Arbeitnehmer kann jederzeit vom Arbeitgeber ein Zeugnis verlangen, das sich nicht nur über die Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses, sondern auch über seine Leistungen und sein Verhalten ausspricht (Art. 330a Abs. 1 OR). Ein solches qualifiziertes Zeugnis bzw. Vollzeugnis soll einerseits das berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers fördern und deshalb wohlwollend formuliert werden. Andererseits soll es künftigen Arbeitgebern ein möglichst getreues Abbild von Tätigkeit, Leistung und Verhalten des Arbeitnehmers geben, weshalb es grundsätzlich wahr und vollständig zu sein hat (BGE 129 III 177 E. 3.2; Urteil 4A_432/2009 vom 10. November 2009 E. 3.1 mit Hinweisen). Ein qualifiziertes Zeugnis darf und muss daher bezüglich der Leistungen des Arbeitnehmers auch negative Tatsachen erwähnen, soweit diese für seine Gesamtbeurteilung erheblich sind (STREIFF/VON KAENEL, Arbeitsvertrag, 6. Aufl. 2006, N. 3 zu Art. 330a OR; vgl. auch Urteil 4C.129/2003 vom 5. September 2003 E. 6.1).»

Ăśbliche Gesamtbeurteilung

Es ist zudem üblich, dass das Arbeitszeugnis auch eine Gesamtbeurteilung des Arbeitsverhältnisses vornimmt. Klassische Formulierungen, welche diese Gesamtbeurteilung wiedergeben, sind zum Beispiel: «Die Mitarbeitende hat ihre Aufgaben zur vollen Zufriedenheit erledigt» oder «Der Mitarbeitende erbrachte jeweils qualitativ und quantitativ gute Leistungen». Abschliessend sei festgehalten, dass das Arbeitszeugnis grundsätzlich wahrheitsgetreu und vollständig formuliert sein soll und über alle in Art. 330a Abs. 1 OR erwähnten Punkte Auskunft geben muss. Das Wohlwollen muss jedoch nicht uneingeschränkt gelten, sondern findet seine Grenzen an der Wahrheitspflicht.

Formulierungsspielraum

Hat nun der Arbeitgeber trotz all dieser Rahmenbedingungen überhaupt noch einen Handlungs- respektive Formulierungsspielraum? Ja, dem Arbeitgeber steht grundsätzlich beim Verfassen des Arbeitszeugnisses und der Wortwahl ein breites Ermessen zu. Der Arbeitnehmer hat keinen Anspruch auf die Verwendung bestimmterFormulierungen. Grundsätzlich ist der Arbeitgeber von Gesetzes wegen verpflichtet, ein Arbeitszeugnis auszustellen. Er legt aber auch den Inhalt und den Wortlaut des Arbeitszeugnisses festlegt. Damit kommen wir auf die eingangs gestellte Frage zurück, ob Mitarbeitende Anspruch auf sog. «Bedauernsbekundungen» haben.

Ă„usserungen des Bedauerns und Danks

Ob der Arbeitgeber das Ausscheiden des Mitarbeitenden bedauert oder nicht, ist einzig und alleine Sache des Arbeitgebers und er entscheidet, ob er sich dazu äussern möchte. Schliesslich kann einem Arbeitgeber nicht vorgeschrieben werden, wie er sich beim Ausscheiden eines Mitarbeitenden zu fühlen hat. Es gibt deshalb keinen klagbaren Anspruch auf Bedauernsbekundungen bezüglich des Austritts beziehungsweise über Dankesworte. Der Arbeitgeber kann nicht gegen seinen Willen dazu verpflichtet werden, Bedauern und Dank in einem Arbeitszeugnis auszusprechen.

Auch hier hat das Bundesgericht in einem Entscheid (BGE 4C.36/2004 vom 8. April 2004, E. 5) folgendes festgehalten:

«Ein – gesetzlich ohnehin nicht bestehender – Anspruch auf die Einfügung einer Freizeichnungsklausel steht der Klägerin, wie die Vorinstanz unter Bezugnahme auf die einschlägige Lehre richtigerweise feststellte, nicht zu. Schliesslich hat die Klägerin, wie die Vorinstanz gestützt auf Lehre und Praxis ausführte, auch keinen gesetzlichen Anspruch darauf, dass der Beklagte im Arbeitszeugnis Dankesworte und Zukunftswünsche anbringt.»

Hingegen besteht ein Anspruch auf die Formulierung eines Schlusssatzes, in welchem die Gründe für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses dargelegt werden.

FĂĽr weitere Fragen steht den Mitgliedfirmen von Swissmem Claudio Haufgartner, Ressortleiter Bereich Arbeitgeberpolitik (c.haufgartnernoSpam@swissmem.ch), zur VerfĂĽgung.

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Letzte Aktualisierung: 24.08.2021