In einer Strommangellage würde der Bundesrat die sogenannten Verordnungen über die Bewirtschaftungsmassnahmen Strom in Kraft setzen. Die Verordnungen beinhalten einen Massnahmenstrauss mit Eskalationsstufen, welche sicherstellen sollen, dass, je nach Schwere der Mangellage, geeignete Massnahmen zur Verfügung stehen. Diese sollen zum einen die Verbraucher so gering wie möglich einschränken, zum andern aber ausreichend sein, um die Stromversorgung aufrecht zu erhalten und auf noch einschneidendere Massnahmen zu verzichten.
Die Massnahmen-Kaskade präsentiert sich wie folgt:
- Dringliche Sparapelle
- Verwendungsbeschränkungen und Verbote
- Kontingentierung des Stromverbrauchs fĂĽr Grossverbraucher (>100 MWh/a), abgestuft in
- Sofortkontingentierungen, gefolgt von
- Kontingentierungen. - Zyklische Netzabschaltungen
Eine Eskalation bis hin zu Kontingentierungen und Abschaltungen muss unbedingt verhindert werden.
Der Massnahmenkatalog des Bundesrats beginnt bei Sparappellen und endet bei zyklischen Abschaltungen als «Ultima Ratio» zur Verhinderung eines flächendeckenden Blackouts. Um den volkswirtschaftlichen Schaden einer Mangellage so gering wie möglich zu halten, müssen jene Massnahmen maximale Stromspar-Wirkung entfalten, die sich mit einfach umzusetzenden Einsparungen im Komfortbereich an möglichst viele Verbraucher richten. Es sollen nicht die administrativ einfachsten, sondern jene Massnahmen Anwendung finden, welche den geringsten volkswirtschaftlichen Schaden zur Folge haben.
Zentrale Forderungen Swissmem:
- Nicht zuwarten, sondern adäquat reagieren.
In einer Mangellage müssen jene Massnahmen konsequent umgesetzt werden, welche «nur» mit Komforteinbussen grosse Verbrauchsreduktionen ermöglichen. Dies trifft die Bevölkerung und die Unternehmen gleichermassen.
- Nicht nur Grossverbraucher, sondern alle Firmen kontingentieren.
Ist eine Kontingentierung unvermeidbar, sollte diese auf alle Firmen angewendet werden. Entsprechend soll auf den «Grossverbraucher-Schwellenwert» von 100 MWh p.a. verzichtet werden.
- Industrieunternehmen von Sofortkontingentierungen ausnehmen.
Eine Sofort-Kontingentierung von z.B. 2x24h bedeutet für viele Industriefirmen prozesstechnisch ein Produktionsstillstand für eine deutlich längere Zeit. Damit ist die Sofortkontingentierung für Industrieunternehmen nicht verhältnismässig.
- Repräsentative Referenzmenge bestimmen.
Das Abstellen auf eine einzige Monatsperiode des Vorjahres ist nicht repräsentativ und birgt eine grosse Gefahr für Zufallswerte. Die Referenzmenge zur Bestimmung des Verbrauchskontingentes soll auf Basis der Verbrauchszahlen der letzten 5 Jahre berechnet werden, wobei auf den Mittelwert der 3 höchsten aus den 5 dem Kontingentierungsmonat entsprechenden Verbrauchswerten abzustellen ist.
- Wachstumskorrektur anpassen.
Der Schwellenwert von 20% fĂĽr die Geltendmachung der Wachstumskorrektur ist zu hoch angesetzt. Swissmem fordert einen Schwellenwert von 10%.
- Vorlaufzeiten berĂĽcksichtigen.
Die Anpassung der Produktion zur Einhaltung eines Energiekontingentes ist äusserst anspruchsvoll. Unternehmen sind auf genügend Vorbereitungszeit angewiesen, um entsprechende Abläufe neu planen und anpassen zu können.
- Verbrauchsrechte-Handel (Kontingentenhandel) ohne Einschränkungen.
Der Kontingenthandel ist im aktuellen Winter 2022/23 nur mit Einschränkungen möglich. Dies ist nicht akzeptabel, sind doch die Gründe nicht technischer Natur, sondern auf organisatorisch-administratives Unvermögen vieler Verteilnetzbetreiber zurückzuführen. Der Kontingentenhandel muss im Winter 2022/23 so umfassend wie möglich und im Winter 2023/24 uneingeschränkt möglich sein. Auch im Pilotprojekt sind Teilnahmebedingungen so zu wählen, dass der Kontingentenhandel von Firmen auch genutzt wird. Daher fordert Swissmem eine Reduktion der handelbaren Mindestmenge bei der Sofortkontingentierung von 2 auf 0.5 MWh pro Tag und bei der Kontingentierung von 20 auf 10 MWh pro Monat.
- Ausnahmen von Kontingentierung ermöglichen.
Unternehmen, welche aus produktionstechnischen Gründen auf eine unterbruchsfreie und vollständige Stromversorgung zwingend angewiesen sind, sollen von der Kontingentierung ausgenommen werden.
- Freiwilliger Lastabwurf von Grösstverbrauchern gegen Entschädigung.
Grösstverbraucher müssen gegen Entschädigung freiwillig auf Abruf von Swissgrid vom Netz gehen können. Die Beschaffung dieser das Netz entlastenden Energiemenge soll mittels Ausschreibungen erfolgen. Auf Basis einer Umfrage geht Swissmem davon aus, dass mit 2 bis 3 Dutzend Strom-Grösstverbraucher ca. 2% des Landesverbrauchs eingespart werden könnte.
- Mit hohen Koningentierungssätzen zyklische Abschaltungen verhindern.
Zyklische Abschaltungen bedeuten für Industriebetriebe im Gegensatz zu vielen Firmen im Dienstleistungssektor einen vollständigen «shut-down» der Produktion. Die Folge wären unterbrochene Lieferketten, der volkswirtschaftliche Schaden wäre enorm. Besser ist, hohe Kontingentierungssätze von bis zu 50% vorzusehen, um zyklische Abschaltungen zu verhindern.
Die folgende Grafik fasst die Massnahmen zusammen und gibt einen Ăśberblick ĂĽber die Bewirtschaftungsmassnahmen in einer Strommangellage.
Eine detailliertere Analyse und ein entsprechender Forderungskatalog haben wir mit der Swissmem-Stellungahme zu den Bewirtschaftungsmassnahmen Strom beim zuständigen Bundesamt eingereicht.
Weitere Informationen zu einer drohenden Strommangellage:
- Bundesamt fĂĽr Wirtschaftliche Landesversorgung (auch fĂĽr Gas-Aspekte): www.bwl.admin.ch/bwl/de/home/themen/energie/elektrizitaet.html
- EntwĂĽrfe der Verordnungen ĂĽber die Bewirtschaftungsmassnahmen Strom: https://fedlex.data.admin.ch/eli/dl/proj/2022/78/cons_1
- Energie-Dashboard BFE (online seit 13.12.2022):
https://www.energiedashboard.admin.ch/dashboard