Der Frühling entfaltet zurzeit seine farbenreiche Schönheit. Es wird wärmer und die Beschränkung der Raumtemperatur auf 20 Grad in Wohnungen und Fabrikhallen ist nur noch ein ferne, unangenehme Erinnerung. Die im letzten Herbst vielstimmig angedrohte Energiemangellage ist ausgeblieben. Trotzdem widmet Swissmem den Industrietag 2023 dem Thema Energie. Zu Recht?
Machen wir zwei Schritte zurück und betrachten das Gesamtbild: Schnell erkennt man, dass die moderne Gesellschaft und Wirtschaft nur mit einer sicheren Energieversorgung funktionieren. Grössere Versorgungsunterbrüche können weitreichende Folgen haben. Es ist deshalb keine Überraschung, dass Energie auch als machtpolitisches Instrument eingesetzt wird.
Ausgelöst durch den Ukrainekrieg waren im vergangenen Jahr die versiegenden Gaslieferungen aus Russland und die daraus folgenden Verwerfungen am Energiemarkt ein Schuss vor den Bug. Wenn bis im Herbst die Stauseen nicht voll werden, parallel dazu die europäischen Gaslager halbleer bleiben und der Wettergott im kommenden Winter die Temperaturen deutlich tiefer ansetzt, könnte es im Februar/März 2024 durchaus zum grossen Knall kommen. Wir sind deshalb gut beraten, die Sparanstrengungen fortzusetzen. Das Thema Energie ist und bleibt also hochaktuell.
Der Blick über den Tellerrand, den wir am Industrietag wagen, hilft die Entwicklungstrends zu erkennen und daraus wirtschafts- und energiepolitische Konsequenzen abzuleiten. Bei den fossilen Energieträgern ist die Schweiz zu 100 Prozent vom Ausland abhängig. Auch beim Strom ist die Auslandsabhängigkeit im Winter erheblich. Gepaart mit dem Anspruch, im Interesse des Klimaschutzes bei den Treibhausgasemissionen bis 2050 Netto-Null zu erreichen, müssen wir uns über die künftige Energieversorgung sowie den Energiemix vertiefte Gedanken machen. Zudem ist klar, dass die Dekarbonisierung zu einer massiv höheren Stromnachfrage führen wird. Diesen Strom werden wir weitgehend selbst produzieren müssen, weil Importe limitiert sind. Dabei müssen im Sinne der Technologieoffenheit alle klimaschonenden Stromerzeugungsformen in Betracht gezogen werden.
Klimaschutz im Seitenwagen
Die Schweizer Tech-Industrie spielt beim Thema Energie in mehrfacher Hinsicht eine wichtige Rolle. Offensichtlich braucht sie Energie, um ihre Produkte herstellen zu können. Für die Öffentlichkeit weniger sichtbar ist, dass die Tech-Industrie im gesamten Spektrum der Energieerzeugung, -übertragung, -umwandlung und -speicherung eine grosse Bedeutung hat. Sie entwickelt innovative Lösungen, um eine sichere und nachhaltige Energieversorgung zu gewährleisten.
Darüber hinaus ist für die Industrie eine möglichst hohe Energieeffizienz bei der Entwicklung neuer Maschinen, Anlagen und Geräte ein sehr wichtiges Kriterium. Neue Industrieprodukte verbrauchen während ihrer oft jahrelangen Einsatzdauer deutlich weniger Energie als ihre Vorgänger – bei gleichzeitig verbesserter Leistung. Aggregiert führt das zu einem erheblich tieferen Energieverbrauch. Rund 80 Prozent der Produkte der Schweizer Tech-Industrie werden exportiert. Deshalb führen energieeffiziente Produkte unserer Branche insbesondere in Ländern mit einem sehr CO2-intensiven Strommix zu deutlich tieferen Treibhausgasemissionen. Sie leisten somit weltweit einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz.
All diese Aspekte kommen am diesjährigen Swissmem Industrietag zur Sprache. Er findet am 29. Juni 2023 im SwissTech Convention Center in Lausanne statt. Sie sind herzlich eingeladen. Das Programm und das Anmeldeformular finden Sie auf www.industrietag.ch.