Das Interview mit Luzi Valär, Vice President Research and Development bei Burckhardt Compression führte Wolfgang Pittrich von der «Technischen Rundschau».
Herr Valär, warum engagiert sich Burckhardt Compression für die Wassserstofferzeugung und -aufbereitung als CO2-freie Energietechnik?
Luzi Valär: Burckhardt Compression war immer erfolgreich, wenn es darum ging, den Erfahrungshorizont in gewissen Technologien zu erweitern. So war der «kleine» Kompressor als ein, wenn nicht grosses, aber wichtiges Puzzleteil an mehreren wichtigen Entwicklungsschritten unserer Industrie, Wirtschaft und Gesellschaft beteiligt. Als in den 1950er Jahren Kunststoff die Welt veränderte, hat wieder Burckhardt Compression eine entscheidende Rolle gespielt und Äthylen-Kompressoren für die extrem hohen Drücke geliefert, die nötig waren, um durchsichtige Folien zu erzeugen. In den letzten Jahren ging es darum, die internationale Schifffahrt neu mit LNG (Liquefied Natural Gas) statt mit Schweröl zu befeuern. Die Technologie, welche zuerst auf Gastankern umgesetzt wurde, wäre ohne einen Kompressor aus Winterthur nicht möglich gewesen. Eine ähnliche Rolle möchte Burckhardt Compression jetzt bei dem Umbau unseres Energiesystems spielen.
Die Kantonspolizei Zürich hat Ende Mai mit einem wasserstoffbetriebenen Patrouillenfahrzeug ein Pilotprojekt gestartet. Angepeilt werden bis zu 300 000 Kilometer Fahrleistung. Sie teilen also deren Optimismus für Wasserstoff als Energieträger der Zukunft?
Luzi Valär: Neben dem immer noch wichtigen Erdgas spielt Wasserstoff für die Zukunft der Energiewirtschaft eine entscheidende Rolle. Es gibt viele mögliche Quellen von Wasserstoff, welche alle einen Beitrag liefern können. Gemein ist ihnen, dass der Wasserstoff komprimiert werden muss. Zur Verdichtung von Wasserstoff gibt es nicht viele Möglichkeiten, von denen sich die meisten auch nur für sehr kleine Mengen eignen. Für eine effiziente Verdichtung von grösseren Mengen an Wasserstoff ist ein Kolbenkompressor geradezu prädestiniert.
Welche speziellen Herausforderungen begegneten Ihnen auf dem Weg hin zur Verdichtung von Wasserstoff per Kolbenkompressor?
Luzi Valär: Die grosse Aufgabe bei der Verdichtung von Wasserstoff für den Transport, aber vor allem für den Einsatz in Brennstoffzellen ist, dass Wasserstoff nicht mit Öl kontaminiert sein darf. Eine ölfreie Verdichtung von diesem sehr leichten, daher schwer abzudichtenden Gas ist nur aufwendig zu realisieren. In Winterthur betreibt Burckhardt Compression aus diesem Grund seit 18 Jahren einen Prüfstands-Kompressor mit Wasserstoff.
Wie weit ist diese anwendungsorientierte Forschung mittlerweile gediehen?
Luzi Valär: Wir sind heute in der Lage, Wasserstoff bis 350 bar ölfrei zu verdichten, und wir sind auch davon überzeugt, in den nächsten Jahren Anwendungen bis 550 bar mit dieser Technologie bedienen zu können. Abgesehen davon haben wir aber auch alle anderen Möglichkeiten zur Wasserstoffverdichtung evaluiert. Neben den Kolbenkompressoren ist uns dabei vor allem eine Technologie aufgefallen, die unser Portfolio perfekt ergänzen könnte. Wir haben daher mit der GRZ eine Zusammenarbeit gestartet, um den ersten hochskalierten Metallhydrid-Verdichter zu bauen.
GRZ Technologies ist ein Spin-off der EPFL Lausanne und arbeitet bereits seit einiger Zeit an der Wassserstoffkompression. Wie sieht diese Zusammenarbeit genau aus?
Luzi Valär: Der Statische Wasserstoffkompressor von Burckhardt Compression ist ein Kompressor, der nicht mit beweglichen Teilen, sondern mit thermisch aktiven Metallhydriden arbeitet. Er basiert auf dem «Hyco»- Metallhydrid-Kompressor von GRZ Technologies, der in Laborumgebung für kleine Wasserstoffmengen bereits heute Verwendung findet, und wird von uns für den neuen, stark wachsenden Markt der Wasserstofftankstellen und -energiespeicherung weiterentwickelt.
Welche Besonderheiten machen den Metallhydrid-Kompressor so attraktiv fĂĽr Sie?
Luzi Valär: Der geräusch- und vibrationsfreie Kompressor arbeitet ohne Gasleckagen und kann daher auch in sensitiven Arbeitsumgebungen eingesetzt werden. Zudem ist er komplett ölfrei, was auch den Einsatz für Wasserstoffbrennstoffzellen ermöglicht. Dank dem Wegfall beweglicher Teile ist diese Technologie ausserdem sehr wartungsfreundlich. Wir werden diesen Kompressor zuerst in unserem Prüfstand und dann später bei Entwicklungspartnern betreiben. Die Möglichkeit, einen leisen, sicheren und emissionsfreien Kompressor zu bauen, welcher mit der Abwärme anderer Prozesse betrieben werden kann, hat uns fasziniert.
Können Sie diese Faszination noch genauer begründen?
Luzi Valär: Diese erwähnten Eigenschaften sind es, welche sich von unseren Hauptprodukten, den Kolbenkompressoren, unterscheiden, da sie relativ viele Lärmemissionen erzeugen und aufgrund der typischerweise grossen Abmessungen eher in eine industrielle Umgebung passen. Für eine Tankstelle in der Stadtmitte wäre eine leise und sichere Verdichterlösung sicher wünschenswert.
Zur Person
Luzi Valär, ist Vice President Research und Development bei Burckhardt Compression. Er ist bereits seit 2007 in verschiedenen Funktionen für den Kompressorenhersteller tätig. «Die Möglichkeit, einen leisen, sicheren und emissionsfreien Kompressor zu bauen, welcher mit der Abwärme anderer Prozesse betrieben werden kann, hat uns fasziniert», so Valär.
Er ist einer der Referenten am 18. Swissmem-Symposium zum Thema «Herausforderung Dekarbonisierung – Lösungen der MEM-Industrie» vom 27. August 2020.