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Allgemeine Ausgangslage in der Chip-Industrie

Die globale Halbleiterindustrie, eine SchlĂĽsselkomponente moderner Technologien, steht vor Herausforderungen. Diese Entwicklungen haben auch Auswirkungen auf die Schweizer Industrie. Wie kann ihnen begegnet werden?

In jüngster Zeit haben die EU, die USA und andere Länder und Regionen milliardenschwere Förderprogramme ins Leben gerufen, um ihre eigenen Fertigungsindustrien für Halbleiter auszubauen und verschiedene Rückverlagerungsinitiativen zu starten. Damit versuchen diese Regionen eine grössere Unabhängigkeit insbesondere von Taiwan zu erreichen, wo heute rund 60% der fortschrittlichsten (< 5nm ICs) und etwa 23% der konventionellen Halbleiterprodukte hergestellt werden.

Die USA hat beispielsweise über deren CHIP-Act rund 53 Milliarden Dollar für Forschung und Entwicklung, Fertigung sowie die Ausbildung von Arbeitskräften bereitgestellt. Parallel dazu zielt die EU darauf ab, ihren Marktanteil in der Chipproduktion bis 2030 von aktuell 9% auf etwa 20% zu steigern, wofür ein ähnlich hoher Förderbetrag von 42 Milliarden Dollar vorgesehen ist. Es wird erwartet, dass diese staatlichen Subventionen private Finanzmittel anziehen und so ein Mehrfaches an Zusatzinvestitionen generieren werden. Diese Zahlen belegen die Bedeutung des Halbleitermarktes, für welchen ein erhebliches Wachstum auf rund 1 Billion $ bis 2030 vorhergesagt wird. Der Schweizer Anteil von etwa 1.6 Mia $ im 2023 ist dabei zwar gering, verspricht jedoch ebenfalls hohe Wachstumsraten.

Diese Initiativen bergen auch Risiken. Sie könnten neue «Hotspots» in der westlichen Welt schaffen, was das gesamte Ökosystem verschieben könnte. Es gilt zu bedenken, dass viele Schweizer Firmen nicht ortsgebunden sind, und von Angeboten aus anderen Ländern profitieren wollen, womit die konkrete Gefahr besteht, dass Zulieferer in diese neuen Regionen abwandern

Schweizer Halbleiterproduktion: Stärken bewahren und Herausforderungen bewältigen

Ein wesentlicher Erfolgsfaktor der Schweizer Industrie ist ihre Innovationsfähigkeit, die gerade mit Ausblick auf übergeordnete Trends hinsichtlich neuer Fertigungstechnologien, Effizienz und Nachhaltigkeit sowie neuer Anwendungsbereiche in Künstlicher Intelligenz, Advanced Manufacturing oder Energietechnik interessante Potenziale versprechen. Die Schweizer Industrie kann die besten Technologien für die Halbleiterproduktion in diese wachsenden Märkte liefern und von stabilen Handelsbeziehungen profitieren.

Wir laden Schweizer Unternehmen der Halbleiterindustrie ein, sich an unserer Umfrage zu beteiligen, um die aktuellen Marktbedingungen und Herausforderungen zu ermitteln. Ihr Input wird uns helfen, gezielte UnterstĂĽtzungsmassnahmen zu entwickeln. Herzlichen Dank fĂĽr Ihre Teilnahme! Hier geht es zur Umfrage

Traditionell bietet die Schweiz der Industrie im Vergleich zu anderen Regionen vorteilhafte Standort- und Rahmenbedingungen. Hierzu zählen nicht nur Steuerfragen, sondern auch die politische Stabilität und Berechenbarkeit und ein vorteilhaftes Ökosystem, welches Innovation ermöglicht und fördert. Trotzdem sind weitere Anstrengungen notwendig, um die Stärken zu bewahren und neue Herausforderungen zu bewältigen. Stichworte zu letzterem sind Fachkräftemangel, unsichere Marktzugänge und Abschottungstendenzen sowie eben auch ein steigender Druck zur Abwanderung.

Was es dafĂĽr in der Schweiz braucht:

  • Das bestehende Ă–kosystem muss gepflegt und weiterhin durch gezielte Massnahmen die Innovations- und TechnologiefĂĽhrerschaft gefördert werden. Erste Massnahmen wurden bereits ergriffen: Die SwissCHips Initiative des SBFI umfasst ein Programm von insg. Knapp CHF 34 Mio. zur Förderung der Grundlagenforschung an den Schweizer Hochschulen. Dies fördert die Ausbildung der benötigten Spezialisten, welcher bis 2030 auf rund 350'000 fehlende Fachkräfte geschätzt wird.
    Weiter kann die Schweizer Industrie aber nur dann profitieren, wenn neu erforschte und entwickelte Technologien den Weg in die industrielle Anwendung finden. Hier bietet die Innosuisse attraktive Möglichkeiten, allerdings nur in einem Zeithorizont von einigen Jahren, nachdem die neuen Technologien und Lösungen an Hochschulen erforscht und entwickelt wurden.
     
  • Die Schweiz muss die erneute Assoziierung zum Europäischen Forschungsrahmenprogramm Horizon Europe erreichen, damit wir in verstärktem Masse und proaktiv wieder an internationalen Forschungsprogrammen teilnehmen können.
     
  • Es gilt den Zugang zu relevanten Märkten sicherzustellen und weiter auszubauen. Dies um einerseits die Versorgung mit Computerchips -Rohstoffen fĂĽr die Halbleiterfertigung sicherzustellen, und um andererseits unsere SchlĂĽsseltechnologien in die Zielmärkte liefern zu können. So betrachtet stellen die enormen Subventionen im Rahmen der Chip Acts auch eine grosse Chance fĂĽr die Schweizer Halbleiter-Zulieferindustrie dar, welche ĂĽber Freihandelsverträge etc. genutzt werden mĂĽssen.

Forschung und Entwicklung in diesem hochtechnologischen Bereich erfordern zudem zwingend den Zugang zu den neuesten Produktionsmitteln, Halbleiter-Design- und Testmethoden, geeigneten Einrichtungen für die Prototypenfertigung wie auch gut ausgebildete Fachkräfte. Hierzu zählt beispielsweise auch die Weiterbeschäftigung derjenigen, die hier ihren Master/Doktor in der Schweiz absolviert haben und im Anschluss keinen Arbeitsplatz bekommen können (Stichwort Drittstaaten Arbeitsbewilligungen).

Vorhandene Förderangebote nutzen

Die verschiedenen internationalen Initiativen zielen auf die Sicherstellung der Versorgung mit unverzichtbaren Produkten und Technologien. Die Schweiz sollte diesen Initiativen eigene Massnahmen entgegensetzen und die schon ergriffene Forschungsförderung weiter ergänzen. Dabei können verschiedene sich ergänzende Ansätze Gegenstand der Diskussion sein:

Einerseits können und sollten die Firmen mit den kantonalen und regionalen Standortförderungen in Kontakt treten, um rasch die heute schon vorhandenen Fördermöglichkeiten zu nutzen. Andererseits sollte die Schweiz dem wachsenden Spagat zwischen internationalen Förderprogrammen und der grundsätzlich erfolgreichen Schweizer Förderstrategie, in welcher Gelder nur in Forschungsaktivitäten fliessen können, etwas entgegensetzen. Ein wesentlicher Ansatz ist dabei, dass die Schweizer Industrie die neuesten technologischen Entwicklungen und Lösungen vor Ort testen kann, wofür in den Auf- und Ausbau von FabLabs investiert werden sollte. Oder aber die Schweizer SEMI-Industrie bildet einen Pool von vorhandenen Technologien, Methoden und Einrichtungen, über welchen die Schweizer SEMI-Industrie rasch Zugang für ein breit abgestütztes Prototyping erhalten kann – der Swissmem SEMI-Industriesektor bietet Hand für die Umsetzung solch innovativer Ansätze!

Swissmem ist an vorderster Front dabei, wenn es um die Initiierung solcher Massnahmen geht. Allerdings ist sie hinsichtlich einem «Swiss Chip Act» - also der Forderung nach Direktzahlungen an die Industrie - sehr zurückhaltend, da dies dem Schweizer Förderverständnis entgegenläuft, und langfristig keine nachhaltig wirkende Lösung verspricht. Es ist wohl cleverer in den Erhalt der Innovationsfähigkeit zu investieren und weiterhin Schlüsseltechnologien zu entwickeln und der weltweiten Chip-Industrie zur Verfügung zu stellen – die Schweiz ist hierfür gut positioniert.

Industriesektor Semiconductors

Swissmem hat ein Netzwerk für Unternehmen im Bereich Halbleiterindustrie gegründet, um ihre Interessen gezielter unterstützen zu können und die Bedeutung dieser Branche in der Öffentlichkeit stärker sichtbar zu machen. Interessierte Unternehmen finden hier weitere Informationen oder können sich gerne mit Dr. Adriaan Spierings in Kontakt setzen, a.spieringsnoSpam@swissmem.ch.

 

 

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Letzte Aktualisierung: 22.03.2024