Die Auftragseingänge in der Schweizer MEM-Industrie sanken in den ersten neun Monaten 2020 gegenüber der Vorjahresperiode um -8,6 Prozent. Betrachtet man nur das dritte Quartal, so betrug der Rückgang im Vergleich zum Vorjahresquartal -4,8 Prozent. Ein ähnliches Bild präsentiert sich bei den Umsätzen. Im Zeitraum von Januar bis September 2020 sanken die Umsätze im Vergleich zum Vorjahr um -11,5 Prozent. Im dritten Quartal 2020 betrug der Rückgang -8,4 Prozent. Vom Umsatzrückgang sind KMU deutlich stärker betroffen als Grossfirmen. Diese negative Geschäftsentwicklung wirkte sich auch auf die Kapazitätsauslastung in den Betrieben aus. Sie betrug im dritten Quartal 2020 nur 77 Prozent, was deutlich unter dem langjährigen Mittel von 86,4 Prozent lag. Gemäss der jüngsten KOF-Umfrage stieg sie im Oktober 2020 auf 78.3 Prozent an. Diese Zahlen bringen lediglich den Branchendurchschnitt zum Ausdruck. Die Situation in den einzelnen Unternehmen zeigt sich je nach Subbranche und Zielmärkte sehr unterschiedlich.
Exportrückgang in allen Märkten
Die Güterexporte der MEM-Industrie reduzierten sich gemäss den Zahlen der Eidgenössische Zollverwaltung in den ersten neun Monaten 2020 im Vergleich zur Vorjahresperiode um -13,9 Prozent. Sie erreichten einen Warenwert von 43,9 Milliarden Franken. Alle wichtigen Absatzmärkte entwickelten sich negativ. Die Exporte in die USA sanken um -13,8 Prozent, in die EU um -15,2 Prozent und nach Asien (trotz leichter Erholung in China) um -8,9 Prozent. Auch alle Warengruppen erfuhren Exportrückgänge. Die Ausfuhren im Maschinenbau verringerten sich um -15,1 Prozent, bei den Metallen um -14,2 Prozent, bei der Elektrotechnik/Elektronik um -10,6 Prozent und bei den Präzisionsinstrumenten um -10,3 Prozent.
Trotz schwacher Erholung weiterer Rückschlag möglich
Mittlerweile sind die Auftragseingänge in der MEM-Industrie seit Mitte 2018 während neun aufeinanderfolgenden Quartalen zurückgegangen – dies je im Vergleich zu den entsprechenden Vorjahresperioden. Dabei hat die Branche rund 30 Prozent des Auftragsvolumens verloren. Die MEM-Industrie durchlebt somit eine ungewöhnlich lange Baisse. Es besteht aber die Hoffnung, dass der Tiefpunkt im zweiten Quartal durchschritten wurde und sich die Geschäftslage auf sehr tiefem Niveau schwach zu erholen beginnt. So hat das Auftragsvolumen hat im dritten Quartal 2020 gegenüber dem extrem schwachen zweiten Quartal um sieben Prozent zugenommen. Auch die Stimmungslage der Unternehmerinnen und Unternehmer der MEM-Branche hat sich im dritten Quartal 2020 leicht aufgehellt. Im zweiten Quartal rechneten nur 22 Prozent der Unternehmer für die kommenden zwölf Monate mit steigenden Aufträgen. Dieser Anteil erhöhte sich im dritten Quartal auf 38 Prozent. Gleichzeitig sank der Anteil jener, welcher von weiteren Auftragsverlusten ausgeht, von 51 Prozent im zweiten auf 29 Prozent im dritten Quartal. Dennoch bestehen wenig Anzeichen für einen baldigen, nachhaltigen Aufschwung. Vielmehr brachte die zweite Covid-Infektionswelle die Gefahr eines erneuten Rückschlages. «Die Unsicherheiten sind sehr gross», sagt Swissmem-Direktor Stefan Brupbacher. «Das dämpft weltweit massiv die Investitionsbereitschaft». Als exemplarisches Beispiel weist er auf den Exporteinbruch bei den Werkzeugmaschinen (-34,2%) hin, einem typischen Investitionsgut.
Zugang zu COVID-Krediten wieder öffnen
Der Aufschwung dürfte sich angesichts der diversen Unsicherheiten weiter verzögern und nur langsam an Schwung gewinnen. Damit könnte der Liquiditätsbedarf der Unternehmen der MEM-Industrie in den nächsten Monaten spürbar zunehmen. Während der ersten Infektionswelle im Frühling 2020 hatten die MEM-Firmen die Überbrückungskredite nur sehr zurückhaltend beansprucht. Das lag auch am Verbot, die Überbrückungskredite für Neuinvestitionen einzusetzen. Dieses Verbot wird nun für die bis im Sommer bezogenen Kredite rückwirkend wohl aufgehoben. Zudem verfügten die Betriebe damals noch über Liquiditätsreserven, welche aber in immer mehr Firmen nun aufgezehrt sind. Stefan Brupbacher fordert deshalb: «Das Covid-19-Kreditprogramm muss reaktiviert werden. Liquiditätskredite als rückzahlbare Darlehen sind ein «minimalinvasives» Instrument zur Unterstützung der Firmen. Für die öffentliche Hand sind sie besser, als die im Rahmen der Härtefallregelung vorgeschlagenen à -fonds-perdu-Beiträge. Diese wären für den Staat definitiv verloren».
Der Swissmem-Direktor fordert im Weiteren, dass die MEM-Betriebe weder kantonal noch national in einen Lockdown gezwungen werden. «Die Industrie war nie ein Verbreitungs-Hotspot und hat die Schutzkonzepte konsequent umgesetzt. Das bestätigt auch die Suva». Die grössten Hemmnisse in der MEM-Industrie seien aber die vielen Einschränkungen bei Geschäftsreisen. «Diese dürfen in der Schweiz nicht wieder verschärft werden», betont Stefan Brupbacher. Der Bundesrat müsse darauf hinwirken, dass Reisen in die internationalen Absatzmärkte möglich bleiben. Ergänzend ist es für Swissmem wichtig, dass die Kapazitäten für Schnell- und PCR-Tests ausgebaut werden. Bei einer Stabilisierung der epidemiologischen Lage sollen diese zur Verkürzung von Kontaktquarantänen genutzt werden dürfen. Bei der Kurzarbeit ist die Reduktion auf einen Karenztag im neuen Jahr weiterzuführen.
Nein zur Unternehmensverantwortungs- und zur Kriegsmaterial-Initiative
Angesichts der schwierigen Lage in der Schweizer MEM-Industrie dürfen den Unternehmen durch Politik und Stimmvolk keine neuen Hindernisse in den Weg gelegt werden. Namentlich muss die Unternehmensverantwortungs-Initiative abgelehnt werden. Sie schadet dem Werkplatz Schweiz und bringt den Entwicklungs- und Schwellenländern keinen Nutzen. Ebenfalls muss die Kriegsmaterial-Initiative verworfen werden. Mittelfristig droht sie, die Finanzierung für rund 3000 Firmen in der MEM-Branche zu erschweren , was diese zwangsläufig in existenzielle Problem bringen könnte.
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