Frau Martig, Sie fĂŒhren Ihr eigenes Logistikunternehmen. Wie sind Sie zu dieser Branche gekommen?
Mein Vater hatte ein Unternehmen fĂŒr Aushub. Er nahm mich oft im Lastwagen mit. Ich durfte sĂ€mtliche Knöpfe in der Kabine drĂŒcken. Ich machte die LastwagenprĂŒfung mit 19 und ĂŒberraschte meinen Vater, indem ich ihn mit einem 32-Tönner in Basel abholte. Das sind tolle Erinnerungen.
Hatten Sie schon immer ein Faible fĂŒr schwere Lastwagen und woher kommt diese Faszination?
Von meinem Vater habe ich mir schon frĂŒh die Leidenschaft fĂŒr Trucks abgeschaut. Der Umgang mit Lastwagen gehörte fĂŒr mich zum Alltag. Ich wuchs quasi auf der Baustelle auf. Ich empfand das immer als normal und es macht mir bis heute Spass. Das Unternehmen ist sozusagen eine Hommage an meinen verstorbenen Vater, der sicherlich sehr stolz auf mich gewesen wĂ€re.
Sie bewegen sich in einer klassischen MĂ€nnerwelt. Mit welchen HĂŒrden haben Sie da als Frau zu kĂ€mpfen? Oder gibt es gar keine?
Man hat eigentlich keinen Nachteil als Frau in meiner Branche. Aber auch keinen Vorteil. Als Unternehmerin muss ich meine Leistung bringen in einem hart umkĂ€mpften Markt. Ich arbeite Tag und Nacht fĂŒr den Aufbau meiner Firma. Das kennt jeder Unternehmer. Blockaden und Nachteile fangen oft im Kopf an. Als Unternehmerin versuche ich, diese zu ĂŒberwinden. Und das klappt gut. Wir haben uns gut in unserer Branche etabliert. Letztendlich geht es darum, dass der Kunde mit der Lieferung zufrieden ist. Das ist unser oberstes Ziel.
Wie steht es um die GlaubwĂŒrdigkeit als Frau in einer mĂ€nnlich geprĂ€gten Branche?
Es gibt noch viele Berufszweige in der Schweiz, in denen Frauen nur wenig prĂ€sent sind. Deswegen freut es mich umso mehr, dass sich immer mehr Frauen fĂŒr diesen Beruf (Lkw-Fahrerin) begeistern. Langsam findet ein Umdenken statt. Dank starker Frauen, die genauso wie MĂ€nner Unternehmen grĂŒnden und in der Wirtschaft und Politik aktiv sind. Als StrassentransportunternehmerIn im GĂŒter- und Personenverkehr versuche ich, meinen Anteil dazu beizutragen, dass wir die gleichen Chancen wie MĂ€nner haben.
Haben Sie ein paar gute RatschlĂ€ge fĂŒr Frauen in mĂ€nnlich geprĂ€gten Branchen? Doâs and Dontâs?
Wir leben in einer Zeit der Globalisierung, Digitalisierung und Automatisierung. Berufe, die frĂŒher geschlechterspezifisch geprĂ€gt waren, können heute und in Zukunft von qualifiziertem Personal und Robotern verrichtet werden. Das Geschlecht spielt dabei kaum noch eine Rolle. Es geht vor allem um sogenannte «soft Skills», die FĂ€higkeit sich auf andere Menschen und BedĂŒrfnisse einzustellen, also Empathie. Oft fĂ€llt dies Frauen leichter. Kombiniert mit guten Fachkenntnissen, Fleiss und Motivation kann man sich so alle TrĂ€ume verwirklichen.
Wie halten Sie es mit den Frauen in Ihrem eigenen Unternehmen? BeschÀftigen Sie Frauen in Ihrem Unternehmen und wenn ja, werden diese von Ihnen gefördert?
Janina Martig Logistics GmbH ist seit der GrĂŒndung im Jahr 2013 nachhaltig gewachsen. Heute arbeiten sechs Angestellte bei JML. Das ganz besondere bei uns ist die hohe Frauenquote. Ein Jahr nach der GrĂŒndung kam die erste Fahrerin zu uns. Heute werden alle Trucks von Frauen gefahren, was sich auch ĂŒber die Grenzen der Schweiz herumgesprochen hat. Im Team arbeiten wir sehr gut zusammen. Dabei spielt es eigentlich gar keine grosse Rolle, ob Frau oder Mann, das Umfeld muss passen. Und das passt bei uns. Es war am Anfang mehr Zufall, nur mit Frauen zu arbeiten. Inzwischen sind wir ein so eingespieltes Team, dass ich die Damen auf keinen Fall missen möchte. Frauen sind weder die besseren noch die schlechteren Fahrer. Aber vielleicht kann ich mich als Frau besser in meine Chauffeusen hineinversetzten und verstehe, wie sie sich in der MĂ€nnerwelt fĂŒhlen und was sie brauchen. Klar schauen die MĂ€nner, wenn eine Frau aus dem Laster steigt. Es ist immer noch ein ungewöhnliches Bild auf den Schweizer Strassen.
Wo sehen Sie sich in 5 bis 10 Jahren?
Die Firma wĂ€chst und ich bin mir der Verantwortung gegenĂŒber meinem Team und Kunden bewusst. Es macht Spass, die Expansion voranzutreiben. Wichtig ist mir dabei, dass ich das, was ich mache, sehr gut mache. Und natĂŒrlich gehört auch Spass dazu. Ich geniesse mein Leben und so soll es auch bleiben. In den nĂ€chsten Jahren werde ich mich auch weiterhin fĂŒr starke Frauen im Business engagieren und junge Frauen darin unterstĂŒtzen, ihren KarrieretrĂ€umen und PlĂ€nen zu folgen. Sicher wird es von Janina weiterhin auch Moderationen im TV und Radio sowie aktive BeitrĂ€ge in der Branche zu sehen geben. Wir arbeiten aktiv an unserem Blog miles-styles, wo wir mit Partnern Themen aufgreifen, die branchenĂŒbergreifend interessant sind: neuste Trends, Technologien oder Trucks der Zukunft. Momentan erreichen wir ĂŒber 20 000 Follower pro Monat. Hier sehe ich noch grosses Entwicklungspotential.
Ein grosses Thema bei Frauen aber auch immer mehr bei MĂ€nnern ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Wie steht es um dieses Thema in Ihrem Beruf beziehungsweise in Ihrer Branche?
Ich erachte es immer als eine Herausforderung, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen, egal in welcher Branche. Aber es ist machbar. Schaut man ĂŒber die Grenzen der Schweiz hinweg, zum Beispiel nach England oder Amerika, so erkennt man, dass es dort ganz normal ist, dass Frauen Kind, Karriere und Familie unter einen Hut bringen. Sicherlich muss man PrioritĂ€ten setzen. Eine gute Planung und ein gutes Netzwerk gehören dazu. Bei uns erfordert der Job FlexibilitĂ€t und die Bereitschaft, zeitweise auswĂ€rts zu ĂŒbernachten. Das machen wir schon in den ersten BewerbungsgesprĂ€chen klar. Die Damen bei JML sind Truckerinnen mit Leib und Seele und leben diesen Lifestyle gerne.
BeschÀftigen Sie Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen in Teilzeit?
Wir haben momentan eine Mitarbeiterin, welche eine 80% Festanstellung hat. Wir bieten unseren Mitarbeitenden FlexibilitÀt und verschiedene Arbeitszeitmodelle an.
Kurzbiographie Janina Martig:
Sie wurde in Oberwil (BL) geboren. Als Tochter eines Unternehmers kam sie schon frĂŒh mit allen Bereichen rund ums GeschĂ€ftsleben in Kontakt. Im Jahr 2013 grĂŒndete Sie die Transportspedition Janina Martig Logistics GmbH, die heute von ihrer Familientradition geprĂ€gt und eine Hommage an den verstorbenen Vater ist. Das besondere an JML ist die unschlagbar hohe Frauenquote. JML ist auf LinkedIn und Facebook zu finden.