Das Umfeld der Schweizer Tech-Industrie (Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie sowie verwandte Technologiebranchen) befindet sich im Umbruch. Die geopolitischen Spannungen nehmen laufend zu. Und wirtschaftspolitisch setzen die Grossmächte auf Protektionismus. «Für die stark exportorientierte Schweizer Tech-Industrie sind das schlechte Nachrichten», betonte Swissmem Präsident Martin Hirzel am Industrietag. Die Schweiz brauche eine Rückkehr zu einer pragmatischen Wirtschaftspolitik. Er appellierte an die Politik, die Rahmenbedingungen zu stärken. Aussenpolitisch heisse das Stichwort dazu «Multi-Alignment», also gute Beziehungen zu möglichst vielen Ländern. Als positives Beispiel nannte Martin Hirzel das Freihandelsabkommens mit Indien. Gleichzeitig gab er der Hoffnung Ausdruck, dass der Abschluss ähnlicher Verträge mit Mercosur, Thailand, Vietnam und Malaysia sowie ein verbesserter Vertrag mit China bald gelingen werde.
Nicht zuletzt muss auch das Verhältnis zu Europa geklärt werden. Knapp 58 Prozent der Exporte der Schweizer Tech-Industrie gehen in die EU. Swissmem unterstützt deshalb die Bilateralen III – aber nicht um jeden Preis: Der liberale Arbeitsmarkt muss bewahrt werden. Er ist einer der grössten Standortvorteile der Schweiz. Swissmem stellt sich deshalb vehement gegen erpresserische Forderungen der Gewerkschaften, die Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Gesamtarbeitsverträgen zu erleichtern.
Einsatz von KI: Die Schweizer Tech-Industrie steht erst am Anfang
Das technologische Fokusthema am Industrietag war der Einsatz der Künstlichen Intelligenz (KI) in der Industrie. Mit einer Umfrage unter den Mitgliedfirmen brachte Swissmem im Vorfeld des Industrietages in Erfahrung, wie stark die KI die Tech-Industrie bereits durchdringt. Unterstützt wurde Swissmem von einem Team der ETH Zürich. «Die wichtigste Erkenntnis ist, dass der Einsatz von KI einen echten geschäftlichen Nutzen bringen kann. Dafür gibt es viele praktische Beispiele. Deutlich über 50 Prozent derjenigen Firmen, die KI-Anwendungen im Einsatz haben, gaben an, dass die eingesetzten Lösungen die Erwartungen erfüllt oder übererfüllt haben», sagte der Studienleiter Prof. Torbjørn Netland. «KI öffnet ein grosses Potenzial, welches entlang der gesamten Wertschöpfungskette zur Entfaltung gebracht werden kann.»
Allerdings sind die Unternehmen, die KI bereits nutzen, in der Swissmem Mitgliedschaft in der Minderheit. Im Rahmen der Produktion hat nur jeder achte Firma den KI-Einsatz in Erwägung gezogen. Im Supply Chain Management sind es sogar weniger als 20 Prozent der Firmen. Die Unternehmen planen jedoch, ihre KI-Implementierung in diesen Bereichen in den nächsten drei Jahren zu vervielfachen. Die wichtigsten Anwendungsbereiche liegen zurzeit in der Produktauswicklung, der vorausschauenden Wartung und der Optimierung von Maschinen. Auch das Wissensmanagement wird immer wieder erwähnt, was wohl auf das Wachstum der generativen KI zurückzuführen ist. Unter dem Strich steht die Schweizer Tech-Industrie erst am Anfang. Die grössten Hindernisse sind gemäss der ETH-Studie der Mangel an qualifizierten KI-Fachkräften sowie ein ungenügender Zugang zu relevantem Know-how. Insbesondere KMU drohen in Rückstand zu geraten.
Swissmem und der von ihr geführte Verein «Next Industries» fördern mit massgeschneiderten Angeboten die KI-Kompetenzen der Tech-Industrie und die Zusammenarbeit zwischen den Firmen. Angesichts der zunehmenden technologischen Komplexität braucht es einen intensiven Austausch zwischen den Firmen und den Forschungsinstituten, Fachhochschulen sowie den Universitäten. Zudem muss auf Stufe Berufslehre, an den Hochschulen sowie bei Berufstätigen die Digitalkompetenzen verbessert werden.
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