Der Englische Ökonom David Ricardo hat bereits im Jahr 1817 mit seiner Theorie nachgewiesen, dass internationaler Handel den Wohlstand aller beteiligten Staaten erhöht. Er legte dar, dass alle handeltreibenden Länder Wohlstandsgewinne realisieren können, wenn sie sich auf die Produktion jener Güter fokussieren, bei denen sie einen «komparativen Vorteil» haben. Das sind jene Produkte, welche sie im Vergleich zu anderen Länder relativ besser, effizienter und kostengünstiger herstellen können. Später haben andere Ökonomen ergänzend darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit zu exportieren die Innovationskraft der Unternehmen fördert und über Skaleneffekte zu weiteren Gewinnen führt. Der positive Wohlstandseffekt kann sich jedoch nur dann voll entfalten, wenn der Handel zwischen den Staaten möglichst frei erfolgt, also nicht durch Zölle oder andere Hindernisse eingeschränkt wird.
Teilnahme am globalen Handel reduziert Armut
Die Erfahrungen der Praxis stützen die Theorie von Ricardo. Seit 1817 hat sich der Handel aber stark verändert. Während früher tendenziell Fertigprodukte grenzüberschreitend von den Unternehmen gehandelt wurden, kam es in den letzten Jahrzehnten zu einer immer grösseren Spezialisierung und Fragmentierung der Produktion entlang von Wertschöpfungsketten. Technologische Fortschritte beim Transport, bei den Informations- und Kommunikationsmitteln sowie wegfallende Handelsschranken veranlassten die Unternehmen, ihre Produktionsprozesse immer mehr über die nationalen Grenzen hinaus auszudehnen. Die Unternehmen suchten nach Effizienzgewinnen, wo immer sie diese finden konnten. Dadurch stiegen Produktivität und Einkommen in jenen Ländern, die zu einem integralen Bestandteil der globalen Wertschöpfungsketten wurden.
Der jüngste «Word Development Report» der Weltbank bestätigt, dass durch die Multiplizierung der globalen Wertschöpfungsketten die weniger entwickelten Länder stark profitierten. Viele davon schlossen zu den reicheren Ländern auf. Die Armut ging drastisch zurück. China und Vietnam sind exemplarische Beispiele. Nicht zuletzt hat die WTO die Zunahme des internationalen Handels begünstigt. Sie brachte multilateral anerkannte Regeln und einen Streitschlichtungsmechanismus mit einem unabhängigen Berufungsausschuss. Das half, Grenzen zu öffnen und Handelskriege zu vermeiden. Nach der Gründung der WTO im Jahr 1995 ist das weltweite Handelsvolumen bis ins Jahr 2008 um 125 Prozent angestiegen. Zudem gingen die durchschnittlichen Zölle von 17 Prozent im Jahr 1988 auf 8 Prozent im Jahr 2016 zurück. Die Aussenhandelsquoten haben sich dabei mehr als vervierfacht.
Wohlstands- und Klimafalle Protektionismus
Dieses Wachstum hat sich nach 2007 verlangsamt. Neben einer schwächeren globalen Konjunktur behindern Handelskonflikte und wachsender Protektionismus ein weiteres Ausbreiten globaler Wertschöpfungsketten. Zu dieser Entwicklung beigetragen hat die Blockierung der WTO. Die USA weigern sich, neue Richter für das WTO-Schiedsgericht zu benennen. Damit findet die Streitschlichtung innerhalb des internationalen Handelssystems nicht mehr statt. Das geht vor allem zu Lasten von Staaten, die über keine politische und/oder wirtschaftliche Macht verfügen. Anstelle eines auf dem gerichtlichen Weg durchsetzbaren Regelsystems gewinnt das Recht des Stärkeren an Gewicht.
Solange diese Unsicherheiten weiterbestehen, halten sich die Unternehmen mit Investitionen zurück. Die globalen Wertschöpfungsketten können so das Wachstum nicht mehr ankurbeln und auch keine besseren Arbeitsplätze schaffen. Handelskonflikte und Protektionismus stellen sogar bisherige Wohlstandsgewinne in Frage und lassen die Armut wieder zunehmen. Das ist letztlich auch schlecht für den Umwelt- und Klimaschutz. Dadurch fehlen gerade auch in weniger entwickelten Regionen die Mittel, um in ressourcenschonende und emissionsarme Technologien zu investieren. Zudem führen Wohlstandsverluste eher zu sozialer Unruhe als zu umweltschonendem Verhalten.
Was tun?
Damit globale Wertschöpfungsketten neue Wohlstandsgewinne initiieren können, braucht es einen handelspolitischen Kurswechsel. Der Protektionismus muss zurückgedrängt und die Märkte geöffnet werden. Der Abbau von Zöllen und anderen Handelshemmnissen erlaubt es Staaten sowie Unternehmen, die für die Innovation und Produktion erforderlichen Inputfaktoren erleichtert zu beschaffen, gezielt die Wertschöpfungsketten zu optimieren und gleichzeitig die Absatzmärkte zu erweitern. Parallel dazu braucht es vor allem in weniger entwickelten Ländern Investitionen in die Transport- und Kommunikationsinfrastruktur sowie in die Bildung. Ein weiteres Schmiermittel ist eine möglichst grosse Offenheit für ausländische Investitionen. Und nicht zuletzt braucht es durchsetzbare, multilateral geltende Handelsregeln. Sie schützen die handeltreibenden Staaten vor machtpolitisch begründeten Diskriminierungen.
Und die Umwelt?
Wirtschaftswachstum und globale Wertschöpfungsketten sind die Voraussetzung dafür, dass auch die globalen Umweltprobleme erfolgreich angegangen werden können. Offene Märkte führen zu Wettbewerb. Dieser fördert die Innovation. Letztlich sind es die technologischen Innovationen, welche die Herausforderungen des Klimawandels bewältigen können. Zudem wird durch Freihandel den ärmeren Ländern der Zugang zu ressourcenschonenden und emissionsarmen Technologien massiv erleichtert. Wie bei der Flucht aus der Armut kann nur ein multilateral abgestütztes Vorgehen den Umwelt- und Klimaschutz fördern. Wenn beim internationalen Güter- und Dienstleistungshandel multilateral geltende Regeln durchgesetzt werden können, dann müsste dies auch beim Klima- und Umweltschutz zu schaffen sein.
Was bedeutet das für die Schweiz? Sie hat als kleines Land und als einer der grössten Nutzniesser der Globalisierung jedes Interesse, sich vehement für den Multilateralismus und den Freihandel einzusetzen.
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