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Revision CO2-Gesetz: Einiges erreicht, anderes läuft in die falsche Richtung

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Ansprechpartner Dr. Jean-Philippe KohlDr. Jean-Philippe Kohl
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Die Erstberatung im Ständerat zur Revision des CO2-Gesetzes ist abgeschlossen. Aus Sicht der MEM-Industrie ist einiges erreicht worden, anderes läuft aber in die falsche Richtung.

Die Schweiz hat das Pariser Abkommen unterzeichnet und verpflichtet sich damit, die Treibhausgas-Emissionen bis 2030 um 50% gegenüber 1990 zu reduzieren. Swissmem trägt dieses Ziel mit. Mit der Totalrevision des CO2-Gesetzes werden die dazu nötigen Massnahmen beschlossen. Selbstverständlich gelingt der Klimaschutz nur, wenn weltweit alle Länder ihren Verpflichtungen zur Reduktion der Treibhausgas-Emissionen nachkommen. Davon geht Swissmem aus.

Sehr erfreut ist Swissmem, dass das Zielvereinbarungssystem weitergeführt und sogar ausgeweitet werden kann. Mit den beiden Umsetzungsorganisationen – Energieagentur der Wirtschaft und Act – ist es der Industrie gelungen, ihre inländischen Treibhausgas-Emissionen stark zu reduzieren. Allein die Mitgliedfirmen von Swissmem haben seit 1990 ihren CO2-Ausstoss um 55% gesenkt. Dazu beigetragen haben insbesondere Effizienzsteigerungen, die mit Investitionen am Betriebsstandort Schweiz realisiert worden sind. Mit der Senkung der Eintrittsschwelle wird das System für noch mehr Firmen, insbesondere KMU, geöffnet und damit attraktiv gemacht.

Darüber hinaus leisten Schweizer MEM-Firmen durch den Export klimafreundlicher Technologien ins Ausland einen weiteren, wesentlichen Beitrag zur Treibhausgasreduktion. Dieser Beitrag übersteigt ihre verbleibenden inländischen Verminderungspotenziale um ein Vielfaches. Swissmem fordert deshalb eine Aufteilung des Schweizer Reduktionsziels bis 2030 in 50% Inland- und 50% Auslandreduktion. Für die Realisierung von anrechenbaren Auslandreduktionen braucht es jedoch internationale vertragliche Regelungen zwischen Staaten, die erst in Entstehung begriffen sind.

Leider weist das revidierte CO2-Gesetz aber auch stark interventionistische Züge auf. So hat der Ständerat die Einrichtung eines Klimafonds beschlossen. Damit wird ein riesiges Finanzierungsgefäss von rund 1 Mia. Franken jährlich zur permanenten Ausrichtung von Subventionen geschaffen. Ob damit wirklich effizienter Klimaschutz erreicht wird, muss leider aufgrund aller Erfahrungen mit «Subventionstöpfen» ernsthaft bezweifelt werden. Vielmehr wird die «Jagd auf Fördergelder» weitergehen. Deren Ergebnisse werden sich dann im Nachhinein oft als wenig effektiv erweisen. Zu Recht hat der Bundesrat ein solches Gefäss nicht vorgesehen.

Swissmem setzt sich für eine konsequent marktwirtschaftliche Ausrichtung der Schweizer Klimapolitik ein. Dazu gehört, dass die bisher lediglich auf Brennstoffe erhobene CO2-Abgabe auch auf Treibstoffe ausgedehnt wird – eine vom Ständerat verpasste Chance. Damit würde eine Gleichbehandlung von Brenn- und Treibstoffen erreicht. Es ist klimapolitisch und umweltökonomisch nicht einzusehen, weshalb «CO2 aus dem Kamin» anders behandelt wird als «CO2 aus dem Auspuff». Mit einem einheitlichen CO2-Preis würden alle fossilen Energieträger gleichbehandelt. Dieser Beitrag in Richtung mehr Kostenwahrheit unterstützt die Entwicklung und Marktdurchdringung von sauberen Technologien. Fördersubventionen braucht es nicht.

Der Charakter der CO2-Abgabe als Lenkungsabgabe müsste unbedingt beibehalten werden. Das bedeutet, dass die CO2-Abgabe keine neue Steuer sein darf. Deren Einnahmen müssen möglichst vollumfänglich an Bevölkerung und Wirtschaft zurückerstattet werden, damit insgesamt keine Kaufkraft durch den Staat abgeschöpft wird. Dies erlaubt der Bevölkerung und der Wirtschaft in neue Technologien zu investieren.

Die bisherige Teilzweckbindung der CO2-Abgabe zur Finanzierung des Gebäudeprogramms soll nicht angetastet werden. Es soll aber wie vom Bundesrat vorgesehen weder erhöht noch verlängert werden. Ebenfalls wären die bereits bestehenden Reduktionsmassnahmen bei einer Ausweitung der CO2-Abgabe auf Treibstoffe beizubehalten. Folglich wären die Belastungen des Verkehrssektors durch Kompensationsverpflichtungen und LSVA an die Lenkungsabgabe anzurechnen. In Analogie zur CO2-Abgabe auf Brennstoffe und der damit verbundenen Teilzweckbindung durch das Gebäudeprogramm ergäbe sich bei der Lenkungsabgabe auf Treibstoffe eine Zweckbindung von maximal einem Drittel für die Finanzierung der Kompensationsverpflichtungen.

Swissmem ist sich sehr wohl bewusst, dass der Einbezug des Verkehrs in die CO2-Abgabe ein heikles Unterfangen ist. Um die politische und gesellschaftliche Akzeptanz eines solchen Schritts sicherzustellen, schlägt Swissmem deshalb vor, dass bei der Anpassung der Höhe der CO2-Abgabe (Erhöhung oder Senkung) die Bevölkerung das letzte Wort haben kann. Das heisst, dass der Beschluss des Parlaments dem fakultativen Referendum zu unterstellen wäre.

Zudem erachtet Swissmem die Befürchtung der Benachteiligung ländlicher Gebiete durch eine CO2-Abgabe auf Treibstoffe als übertrieben. Eine solche würde gegenüber der Ständeratsvariante zu einer Treibstoffpreiserhöhung von knapp 15 Rappen pro Liter führen. Dies ist deutlich weniger als die Preisschwankungen der Treibstoffpreise in den letzten drei Jahren. Ferner würden diese Einnahmen an Bevölkerung und Wirtschaft zurückerstattet, so dass sich die Nettobelastung der Haushalte in Grenzen halten würde. Zusammen mit dem bis zum Inkrafttreten des Gesetzes 2022 massiv ausgebauten Angebots an Fahrzeugen mit alternativen Antrieben wird die Lenkungsabgabe den Kauf solcher Modelle stark unterstützen und damit einen Beitrag zur Dekarbonisierung des Individualverkehrs leisten.

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Letzte Aktualisierung: 01.10.2019