Sie sind Leiter der Exporthilfe fĂĽr Schweizer Unternehmen bei Switzerland Global Enterprise (S-GE). Was treibt Sie an?
Alfonso Orlando: Der Aussenhandel lebt von seiner Dynamik, er ist ständigen Veränderungen unterworfen. Für Unternehmen heisst das, dass sie – meist ohne Vorlaufzeit – immer wieder auf veränderte Umstände reagieren müssen, beispielsweise auf neue Regulierungen. Die Aufgabe von S-GE ist es, die international ausgerichteten KMU gezielt dabei zu unterstützen und ihnen Optimierungspotenzial in ihrem Exportverhalten aufzuzeigen.
Potenzial bieten zum Beispiel die Freihandelsabkommen (FHA). Wie leicht zugänglich sind diese?
Grundsätzlich können alle Unternehmen FHA nutzen, egal ob Grosskonzern oder KMU. Die Nutzung ist freiwillig. Sie steht und fällt letztlich mit dem Einhalten der Spielregeln. Erst wenn die Regeln beachtet und richtig umgesetzt werden, können Unternehmen von Zolleinsparungen profitieren.
Zu beachten ist, dass jedes FHA eigene Regeln und Prozesse kennt. Was beispielsweise für die EU gilt, ist nicht automatisch auf das Abkommen mit China übertragbar. Unternehmen sollten sich in jedem Fall gründlich über die Vorgaben des jeweiligen FHA informieren. Wer hierbei Unterstützung benötigt, kann sich an Partner wie S-GE wenden.
Welche FHA werden am meisten genutzt? Bei welchen gibt es häufig Schwierigkeiten?
Der wichtigste Handelspartner der Schweiz ist und bleibt die EU. Auch das FHA mit China wird immer häufiger genutzt. Grundsätzlich können Geschäfte mit diesen und anderen Handelspartnern aber weiterhin herausfordernd bleiben, da sich die Abläufe und Regeln unterscheiden können. Oft kommen zudem kulturelle Hürden und sprachliche Schwierigkeiten hinzu, weil die einzelnen Länder teilweise unterschiedliche Terminologien für unterschiedliche Zwecke verwenden.
Was empfehlen Sie Unternehmen, die ein FHA nutzen wollen?
FHA sind keine Selbstläufer: Es braucht einen aktiven Beitrag, um sich detailliert über die geltenden Bestimmungen zu informieren. Die Nutzung von FHA ist ein strategischer Entscheid, hinter dem die ganze Unternehmensorganisation stehen muss. Die einzelnen Abteilungen sollten eng zusammenarbeiten. Wir sehen häufig, dass zum Beispiel die Beschaffungsquelle für ein bestimmtes Produkt ändert, ohne dass die Exportabteilung informiert wird. Das kann zu Schwierigkeiten bei der Einfuhr ins Zielland führen, weil die Ursprungseigenschaften des Produkts dadurch verloren gehen können.
Was ist ferner zu beachten?
Generell wird der Ursprungsdeklaration zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Gerade für KMU, die keine eigene Fachabteilung haben, ist dieser Bereich mit seinen komplizierten Begrifflichkeiten ein regelrechter «Dschungel». Unternehmen sollten sich allerdings vermehrt auch trauen, bei den Behörden Fragen zu stellen. Das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) und die Eidgenössische Zollverwaltung sind sehr lösungsorientiert.