Die Schweizer Tech-Industrie exportiert fast 80 Prozent ihrer Güter und Dienstleistungen. Deshalb sind Freihandelsabkommen (FHA) wie jenes mit Indien von zentraler Bedeutung. Sie erleichtern den Zugang zu den globalen Absatzmärkten, eröffnen neue Marktchancen und sichern Arbeitsplätze in der Schweizer Exportindustrie sowie deren zahllosen Zulieferbetrieben. Das gilt insbesondere für KMU, die nicht vor Ort produzieren können.
Die Vorteile des Handels- und Wirtschaftspartnerschaftsabkommens, wie das FHA offiziell heisst, sind für die Schweiz offensichtlich: Schweizer Industriegüter sind für ihre Technologie, Qualität und Präzision bekannt. Sie haben aber auch ihren Preis. Die indischen Importzölle auf diese Produkte betragen heute zwischen 8 und 22 Prozent, was sie auf dem indischen Markt zusätzlich verteuern. Mit Inkrafttreten des FHA werden diese Zölle je nach Produkt entweder sofort beseitigt, innerhalb der folgenden Jahre schrittweise aufgehoben oder substanziell reduziert. Das verbessert die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Tech-Industrie in Indien erheblich. Dies gilt insbesondere gegenüber den Konkurrenten aus China, Grossbritannien, der EU und den USA, die noch kein solches Abkommen abschliessen konnten.
Dynamischer Wachstumsmarkt
Für die Schweizer Tech-Industrie ist Indien bereits heute ein wichtiger Handelspartner. Zwar wirkt der Anteil Indiens am gesamten Exportvolumen mit 1,5 Prozent noch bescheiden. Doch der indische Markt wächst so schnell wie kein anderer. Die Güterexporte sind zwischen 2020 und 2023 kumuliert um 60 Prozent gestiegen und totalisierten 2023 über eine Milliarde Franken. Das Potenzial ist aber noch lange nicht ausgeschöpft. Das FHA kann im Zukunftsmarkt Indien zum «Game-Changer» werden, denn Indien ist dreifach attraktiv:
- Es ist ein riesiger Markt mit ĂĽber 1,4 Milliarden Einwohnern.
- Es ist ein aufstrebendes Fertigungszentrum von überregionaler Ausstrahlung, das durch die geopolitischen Spannungen zusätzlich an Bedeutung gewinnen könnte.
- Es bietet ein grosses Reservoir gut ausgebildeter Fachkräfte für die Produktion vor Ort.
Auch Indien profitiert
Wenn Indien für die Unternehmen der Tech-Industrie gute Rahmenbedingungen sicherstellt, werden die Schweizer Direktinvestitionen vor Ort stark zunehmen – mit folgendem Effekt:
- Sie schaffen neue Arbeitsplätze und Ausbildungsmöglichkeiten für die indische Bevölkerung.
- Die indische Fertigungsindustrie erreicht dank günstigeren Importen von Schweizer Hochtechnologie-Produkten sowie der erhöhten Präsenz von Schweizer Industriefirmen ein höheres Level und kann und die Wettbewerbsfähigkeit in ihren Märkten verbessern.
Unter dem Strich fĂĽhrt das Handels- und Wirtschaftspartnerschaftsabkommen fĂĽr Indien und die Schweiz zu einer klassischen Win-Win-Situation.
ZĂĽgige Ratifizierung erforderlich
Das Abkommen mit Indien stösst die Türen zu einem riesigen Markt weit auf. Es gilt nun, die aktuelle Marktdynamik in Indien und der Vorteil gegenüber Ländern ohne Abkommen auszunutzen. Deshalb muss das FHA rasch ratifiziert und in Kraft gesetzt werden.
Der Ratifikationsprozess beginnt am 24. Oktober 2024 in der Aussenpolitischen Kommission des Ständerates. Danach kommt das Geschäft in der Wintersession in den Ständerat. Im Frühjahr 2025 folgt der Nationalrat. Falls beide Räte zustimmen, kann das Abkommen im Herbst 2025 in Kraft treten – vorausgesetzt, dass kein Referendum ergriffen wird.
Eine Verzögerung durch ein Referendum wäre zu bedauern. Ein Scheitern in einer Volkabstimmung wäre hingegen mehr als nur ein Sündenfall. Die Verhandlungen mit Indien dauerten über sieben Jahre. Die Chance auf ein neues Abkommen würde sich der Schweiz kaum so schnell wieder bieten. Lachende Dritte wären die Konkurrenten aus China, Grossbritannien, der EU und den USA. Verliererin wäre die Schweizer Exportindustrie, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie das ganze Land mit weniger Wohlstand. Es ist deshalb wichtig, dass sich die Industrie geschlossen und hörbar für das Abkommen einsetzt. Swissmem wird an vorderster Front dafür kämpfen.