Swissmem hat es begrüsst, dass Bundespräsident Guy Parmelin zu einem Gespräch mit der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nach Brüssel gereist ist. Damit begann der Gesamtbundesrat nach einem zweijährigen Stillstand, endlich seine politische Verantwortung wahrzunehmen.
Leider wurden bei diesem Gespräch keine Fortschritte erzielt. Das ist eine schlechte Nachricht für die Unternehmen der Schweizer Exportindustrie, die auf gute und gesicherte Beziehungen zur EU, dem mit Abstand grössten Handelspartner, angewiesen sind. Der Bundesrat hat einzig den Forderungen widerstanden, die Verhandlungen endgültig abzubrechen. Er lässt aber die Bevölkerung und die Wirtschaft nach wie vor im Dunkeln, mit welchen konkreten Vorschlägen er nach Brüssel gereist ist. Die Ankündigung, dass auf Stufe der Verhandlungsführerinnen weiterhin Kontakte, aber ohne konkreten Fahrplan, stattfinden sollen, schafft kein Vertrauen. Der Bundesrat lässt die Bevölkerung somit im Unklaren, wie er das Rahmenabkommen ins Ziel bringen will.
Swissmem fordert, dass der Klärungsprozess nun ernsthaft, zügig und mit gutem Willen vorangetrieben wird. Swissmem erwartet, dass die Schweizer Verhandlungsführung auf realistischen Zielsetzungen basiert und nicht die Maximalforderungen einzelner Akteure übernimmt.
Aus Sicht Swissmem sind in allen drei Punkten Klärungen möglich:
- Unionsbürgerrichtlinie (UBRL): Eine vollständige Übernahme der UBRL kommt für Swissmem nicht infrage. Es ist jedoch akzeptabel, dass die Schweiz künftig jene Regeln anwendet, welche eng mit der Personenfreizügigkeit verknüpft sind.
- Flankierende Massnahmen: Swissmem stützt das Prinzip «Gleicher Lohn bei gleicher Arbeit am gleichen Ort». Das Niveau beim Lohnschutz soll deshalb gehalten werden. Aktuell werden aber die Kontrollen von aus dem Ausland entsandten Arbeitskräfte mit Instrumenten aus dem letzten Jahrhundert durchgeführt, was eine Voranmeldefrist von acht Tagen nötig macht. Mit dem Einsatz zeitgemässer, digitaler Instrumente kann die Anmeldefrist problemlos reduziert und gleichzeitig die Bekämpfung von Missbrauch erheblich verbessert werden. Eine Voranmeldefrist von vier Tagen ist somit möglich und wäre gemäss Abkommen von der dynamischen Weiterentwicklung ausgenommen. An den flankierenden Massnahmen darf das Rahmenabkommen nicht scheitern, weil der heutige Lohnschutz mit diesen Modernisierungen erhalten bleibt, ja sogar noch verbessert wird.
- Staatliche Beihilfen: Bei der Frage der staatlichen Beihilfen sind sich die Schweiz und die EU gemäss Medienberichten bereits weitgehend einig.
Swissmem steht dem vorliegenden Rahmenabkommen grundsätzlich positiv gegenüber. Es verspricht, den bilateralen Weg zu sichern und die Beziehung zur EU zu stabilisieren. Für die Unternehmen der MEM-Industrie ist der hindernisfreie Zugang zum Europäischen Binnenmarkt essentiell. Rund 55 Prozent der MEM-Exporte gehen in die EU. Mehr noch: die Industrie ist ebenso auf Grenzgänger angewiesen wie auch auf die Resultate der europäischen Forschungszusammenarbeit. Vom Bilateralen Weg hängen in der Schweiz tausende von wertvollen Arbeitsplätzen ab. Zudem ist das Rahmenabkommen Voraussetzung für den Abschluss neuer Abkommen. Für die Stromnetz- und Systemstabilität der Schweiz wäre insbesondere ein Stromabkommen dringend notwendig – nicht nur für die Industrie.
Nach Vorliegen der definitiven Vertragstexte werden Vorstandsausschuss und Vorstand von Swissmem definitiv Position beziehen.