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Agrarinitiativen als Schuss ins eigene Knie

Inwiefern betreffen die beiden Agrar-Initiativen die MEM-Industrie, über welche am 13. Juni abgestimmt wird? Viel mehr, als man auf den ersten Blick meinen könnte.

Die Initiative «Für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide» verlangt, dass der Einsatz von synthetischen Pestiziden in der Landwirtschaft verboten wird. Darüber hinaus gilt das Verbot aber auch für die Einfuhr von Lebensmitteln, die synthetische Pestizide enthalten oder mithilfe solcher hergestellt worden sind.

Damit geht die Initiative auf direkten Kollisionskurs zu internationalem Handelsrecht (WTO-Recht) und weiteren Handelsabkommen, die die Schweiz abgeschlossen hat. Das ist geradezu töricht. Die Schweiz ist wirtschaftlich sehr stark international verflochten, verdient sie doch jeden zweiten Franken im Ausland. Die Exportquote der Schweizer MEM-Industrie liegt sogar bei 80 Prozent.

Die Schweiz hat, im Unterschied zu den USA, der EU oder China, nicht die Möglichkeit, ihre Aussenhandelsinteressen mit Machtpolitik durchzusetzen. Sie hat somit ein ureigenes Interesse daran, dass die Staaten die international vereinbarten Handelsregeln auch wirklich einhalten. Keinesfalls sollte sie selber vorsätzlich diese Regeln brechen. Damit würde sie gegen ihre eigenen Interessen an einem regelbasierten Handelssystem verstossen und ihre aussenwirtschaftspolitische Glaubwürdigkeit aufs Spiel setzen.

Die Trinkwasserinitiative (TWI) verstösst zwar nicht gegen internationales Handelsrecht, das macht die Initiative aber nicht besser. Sie verlangt, dass nur noch diejenigen Landwirtschaftsbetriebe mit Direktzahlungen unterstützt werden, die keine Pestizide einsetzen.

Da erlebt man ein Déjà-vu, folgt die Initiative doch dem gleichen politischen Muster wie die im vergangenen November gescheiterte Unternehmensverantwortungsinitiative (Initiative «Für verantwortungsvolle Unternehmen – zum Schutz von Mensch und Umwelt», kurz UVI). Kurzum wird eine ganze Branche unter Generalverdacht gestellt und moralisch angeprangert.

Die UVI attackierte global tätige Industrieunternehmen (tatsächlich hätte es auch die KMU getroffen). Bei der TWI wird mit den Bauern ein ganzer Berufsstand diskreditiert.

Dabei bestreiten die betroffenen Branchen – bei der UVI die Industrieunternehmen, bei der TWI die Bauern – das grundsätzliche Anliegen der Initianten gar nicht. Die geforderten Massnahmen sind aber derart radikal, dass sie in ihrer Wirkung grösseren Schaden anrichten, als dass sie eine Verbesserung der Situation bewirken würden.

Bei der UVI konnte eine Mehrheit der Stände davon überzeugt werden. Zu Recht wehren sich die Bauern gegen die TWI, die entweder ihre Existenz bedroht oder sie dazu veranlasst, pestizid-intensiver zu produzieren, um den Ausfall der Direktzahlungen zu kompensieren. Beides ist sowohl ökonomisch als auch ökologisch unerwünscht.

Selbst die Delegierten von Bio Suisse, der Vereinigung der Biobauern, welche ideell dem Anliegen der TWI nahestehen, haben deutlich die Nein-Parole zur TWI gefasst. Das spricht für den Realitätssinn der Direktbetroffenen.

Bei der abgelehnten UVI kommt der Gegenvorschlag des Bundesrates zum Tragen. Bei den beiden Agrar-Initiativen verhält es sich gleich, hat doch der Bundesrat kürzlich eine Vorlage eines Massnahmenplans für sauberes Wasser in die Vernehmlassung geschickt. Darin wird das Anliegen der Initianten aufgenommen, ohne dass die Landwirtschaft um ihre Existenz fürchten muss. Das ist der richtige Weg.

Swissmem empfiehlt die Ablehnung sowohl der Pestizid- als auch der Trinkwasserinitiative. Damit soll auch ein Zeichen gegen verleumderische Kampagnen gesetzt werden, die sich gegen ganze Branchen richten, seien es Industrie- oder im aktuellen Fall Landwirtschaftsbetriebe.

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Letzte Aktualisierung: 07.05.2021