Der automatische Übergang der Arbeitsverhältnisse sowie der weitere Ausbau des Arbeitnehmerschutzes ist das Resultat einer europarechtskonformen Angleichung des Art. 333 OR. Dieser Schutz umfasst vor allem die Weitergeltung resp. Übernahme der Pflichten, die sich aus dem bisherigen Arbeitsverhältnis ergeben, die Anwendungspflicht gesamtarbeitsvertraglicher Rechte durch den neuen Erwerber sowie die solidarische Haftung für bestimmte Forderung durch den bisherigen und neuen Arbeitgeber.
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Ob überhaupt ein Betriebsübergang gemäss Art. 333 OR vorliegt, muss im Einzelfall abgeklärt werden. Das Bundesgericht definiert den Betrieb als «eine auf Dauer gerichtete, in sich geschlossene organisatorische Leistungseinheit, die selbständig am Wirtschaftsleben teilnimmt» und Betriebsteile als «autoorganisatorische Leistungseinheiten, denen die wirtschaftliche Selbständigkeit fehlt». Der Betrieb oder Betriebsteil muss in seiner Identität (Organisation, Zweck) bestehen bleiben und vom neuen Inhaber weitergeführt werden. Werden z.B. nur einzelne Aufgaben ausgegliedert, wird nicht von einem Betriebsübergang gesprochen. Auch bei einer Änderung der Besitzverhältnisse durch einen reinen Aktienkauf liegt gemäss Rechtsprechung grundsätzlich kein Betriebsübergang vor. Liegt eine Umstrukturierung gemäss Fusionsgesetz vor, ist zu beachten, dass Art. 333 Abs. 1-3 OR auch dann zur Anwendung kommt, wenn die Voraussetzungen für einen Betriebsübergang nicht gegeben sind.
In einer jüngst publizierten rechtlichen Abhandlung, wird der Frage nachgegangen, wie diese starre Regelung des Übergangs der Arbeitsverhältnisse flexibilisiert werden kann (Suter-Sieber, Tuor-Mäder, Das Arbeitsverhältnis beim Betriebsübergang, in: AJP 4/2021, S. 441 ff.). Die Autorinnen setzen sich unter anderem mit der Frage auseinander, was zu tun ist, wenn der Veräusserer einen Arbeitnehmer behalten möchte, dessen Arbeitsverhältnis gemäss Art. 333 Abs. 1 OR auf den neuen Erwerber übergehen würde.
Das Bundesgericht hat zu dieser Frage ebenfalls Stellung genommen und schlägt vor, dass in diesem Fall das Arbeitsverhältnis auf den neuen Erwerber übergehen soll, dieser das Arbeitsverhältnis kündigt und der bisherige Arbeitgeber ein neues Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer abschliesst (BGE 4A_350/2018, E. 3).
Die Autorinnen erachten diese Vorgehensweise als «kompliziert und unpraktikabel», zumal diese Lösung unter anderem viel administrativen Aufwand auslöst. Eine praktikablere Lösung wäre beispielsweise ein Wechsel der Funktion des betroffenen Arbeitnehmers, die nicht vom Betriebsübergang erfasst wird (keine Zugehörigkeit mehr zum übergehenden Betrieb). Eine andere Möglichkeit wäre, dass der Arbeitnehmer den Übergang ablehnt und ein neuer Arbeitsvertrag mit dem bisherigen Arbeitgeber abschliesst (unter Vorbehalt des Vollzugs des Betriebsüberganges und sodass der neue Arbeitsvertrag unmittelbar danach in Kraft tritt). Die dritte Variante wäre der Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung zwischen Arbeitnehmer und bisherigem Arbeitgeber in Verbindung mit einem neuen Arbeitsvertrag. Gemäss den Autorinnen sollte eine solche Konstellation dem Schutzgedanken des Art. 333 OR nicht zuwiderlaufen, insbesondere wenn der Verbleib beim ursprünglichen Arbeitgeber dem Wunsch des betroffenen Arbeitnehmers entspricht und im Aufhebungsvertrag die Interessen der Arbeitgeberin und Arbeitnehmerin mindestens gleichwertig gewahrt sind.
Es gibt also trotz der relativ starren Regelung des Art. 333 Abs. 1 OR durchaus Möglichkeiten den Übergang der Arbeitsverhältnisse zu flexibilisieren. Dabei ist natürlich der konkrete Einzelfall zu berücksichtigen und es müssen je nachdem frühzeitig weitere vertragliche Regelungen ausserhalb des Arbeitsrechts insbesondere zwischen dem Erwerber und dem bisherigen Arbeitgeber geprüft werden.
Swissmem-Mitgliedern gibt Zora Bosshart, Ressortleiterin Bereich Arbeitgeberpolitik (044 384 42 23 oder z.bosshartnoSpam@swissmem.ch) Auskunft.
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