Bei einer Änderungskündigung handelt es sich rechtlich um eine durch beide Vertragsparteien mögliche bedingte Kündigung, verbunden mit einer Offerte auf Weiterführung des Arbeitsverhältnisses mit abgeänderten Bedingungen. Dabei wird der Gegenseite eine Frist eingeräumt, innert welcher sie die neuen Bedingungen annehmen soll. Obwohl die Änderungskündigung im OR nicht speziell geregelt ist, gilt eine solche grundsätzlich als zulässig (BGE 123 III 246 E.3, BGer in JAR 2001, S. 270).
Voraussetzungen für eine zulässige Änderungskündigung
Eine Änderungskündigung ist zulässig, sofern formell richtig vorgegangen wird und von der Gegenpartei nicht eine Änderung gefordert wird, die sich sachlich nicht rechtfertigen lässt (BGE 130 III 19 E.3.1.2.2). Die vorgesehene Anpassung des Arbeitsvertrages muss im Zusammenhang mit veränderten wirtschaftlichen, marktbedingten oder betrieblichen Bedürfnissen stehen (BGE 123 III 246 E.3a). Weiter müssen bei einer Änderungskündigung die ordentlichen Kündigungsfristen eingehalten werden (AG: OG Entscheid vom 07.09.1989 in AGVE 1989 Nr. 6). Insbesondere kann ein solches Vorgehen nicht dazu dienen, eine Verschlechterung der Vertragsbedingungen für die Gegenseite auf einen Termin durchzusetzen, ohne die anwendbare ordentliche Kündigungsfrist zu berücksichtigen. Eine solche Änderungskündigung wäre missbräuchlich (BGE 4A_194/2011 vom 05.07.2011 E.6.1 und BGE 4C.317/2006 vom 04.01.2007).
Wenn nach einer ausgesprochenen Änderungskündigung das Arbeitsverhältnis mit den gewünschten abgeänderten Bedingungen fortgeführt wird, ist dies eine ununterbrochene Fortsetzung des ursprünglichen Arbeitsverhältnisses. Die von der Anstellungsdauer abhängigen Rechtsfolgen, wie zum Beispiel Sperrfrist, Kündigungsfrist usw. sind somit von Beginn des ursprünglichen Arbeitsverhältnisses an zu berechnen (Ager ZH in ZR 1983 Nr. 111 = JAR 1983, S. 165).
Bisherige Praxis zur Zulässigkeit oder zur Missbräuchlichkeit einer Änderungskündigung
Wie bereits erwähnt, hat die Gegenpartei auch bei einer Änderungskündigung das Recht darauf, dass die bestehenden Arbeitsbedingungen bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist eingehalten werden (BGer in JAR 2001, S. 270).
Zulässig ist demnach zum Beispiel eine Änderungskündigung, um eine neue Regelung der Verantwortlichkeit der Arbeitnehmenden für Schäden an Firmenfahrzeugen einzuführen (ArbG ZH 18.06.1996 ZR 97 (1998) Nr. 76). Ebenfalls nicht missbräuchlich ist die vom Arbeitgeber erklärte Änderungskündigung für den Fall, dass der Arbeitnehmende eine neue Arbeitszeitregelung nicht beachtet (JAR 1987, S. 194) oder dass er das vom Arbeitgeber vorgeschlagene neue Lohnschema nicht akzeptiert (JAR 1993 S. 194f.).
Hingegen wurde die Missbräuchlichkeit einer Änderungskündigung in einem Fall bestätigt, wo die Kündigung durch den Arbeitgeber mit der gleichzeitigen Mitteilung an den Arbeitnehmenden erfolgte, dass diese zurückgezogen werde, wenn er eine sofortige Lohnsenkung akzeptiere, obwohl der Arbeitnehmende eine solche Lohnsenkung vorher schon abgelehnt hatte (BGE 123 III 246 E. 4). Ebenfalls missbräuchlich ist eine Änderungskündigung, die gegenüber einem Arbeitnehmenden ausgesprochen wird, der sich weigert, einen neuen Arbeitsvertrag abzuschliessen, welcher das Gesetz oder einen bestehenden Gesamtarbeitsvertrag verletzt (BGE 4A_194/2011; BGer vom 13.06.2000 in Plädoyer 6/2000, S. 62 und SJ 2001, S. 49).
Klarstellung des Bundesgerichtes in BGer 4A_327/2023
Im Entscheid 4A_327/2023 vom 18. Januar 2024 befasste sich das Bundesgericht mit der Missbräuchlichkeit einer Kündigung. Dabei ging es um eine Reduktion des Arbeitspensums einer Mitarbeiterin. Eine solche mögliche Massnahme wurde bereits an einer Sitzung mit der Personalverantwortlichen und der betroffenen Mitarbeiterin besprochen. Am selben Tag wurde dann der Mitarbeiterin eine Änderungskündigung mit Bedenkfrist unterbreitet. Dieses Schreiben sah per Ende der ordentlichen Kündigungsfrist eine Reduktion des Beschäftigungsgrades von 100% auf 80% und eine Einbusse von monatlich rund CHF1’800.- vor.
Die kantonale Vorinstanz stellte sich bei der von der Arbeitnehmerin geltend gemachten Missbräuchlichkeit die Frage, ob die Arbeitgeberin Druck auf die Arbeitnehmerin ausgeübt habe, um eine ungerechtfertigte und nicht auf wirtschaftlichen oder betrieblichen Gründen beruhende Kündigung auszusprechen. Das kantonale Gericht kam zum Schluss, dass die vom Arbeitgeber vorgeschlagenen Massnahmen (Reduktion des Pensums der Arbeitnehmerin und gleichzeitige Anstellung einer zusätzlichen Arbeitskraft) geeignet waren, um die Arbeitsbelastung der Arbeitnehmerin zu reduzieren. Ebenfalls war diese Massnahme nicht unzumutbar und die Ankündigung erfolgte in keiner brutalen, böswilligen oder rücksichtlosen Art und Weise.
Das Bundesgericht bestätigte das kantonale Urteil und hielt fest, dass eine solche Änderungskündigung zu Recht nicht missbräuchlich sei. Insbesondere stellte das Bundesgericht fest, dass das kantonale Gericht die Beweise nicht willkürlich gewürdigt hatte. Ebenfalls habe die Vorinstanz die Form der Kündigung nicht willkürlich beurteilt. Die Tatsache, dass eine mögliche Pensumsreduktion im Beisein mehrerer Mitarbeitenden besprochen worden sei, heisse nicht, dass die Kündigung der Arbeitnehmerin bereits vor allen ihren Kolleginnen und Kollegen ausgesprochen worden sei.
Swissmem-Mitgliedern gibt Marcel Marioni, Ressortleiter Bereich Arbeitgeberpolitik (044 384 42 09 oder m.marioninoSpam@swissmem.ch) gerne Auskunft.