Nur falls der frühere Arbeitgeber dem Arbeitnehmer gekündigt und ihn vorbehaltslos freigestellt hat, verzichtet er grundsätzlich auf dessen Arbeitsleistung. Es besteht jedoch auch die Möglichkeit, dass der frühere Arbeitgeber seinen Mitarbeiter unter dem Vorbehalt, ihn für gewisse Arbeitstätigkeiten während der Kündigungsfrist weiterhin aufzubieten, freigestellt hat. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn besagter Mitarbeiter z.B. den Lead in gewissen Projekten hatte und diese noch abschliessen soll. Sofern eine solche Abrufbereitschaft seitens des Arbeitgebers erklärt wurde, kann es also durchaus sein, dass der neu angestellte Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz immer wieder verlassen muss, um für den früheren Arbeitgeber gewisse Arbeiten zu erledigen. Dies kann für den neuen Arbeitgeber zu Engpässen führen und auch das Einarbeiten des Mitarbeiters erschweren.
Auch wenn kein ausdrückliches vertragliches Konkurrenzverbot besteht, können sich für den neuen Arbeitgeber Schwierigkeiten ergeben, wenn der neue Arbeitnehmer mit Stellenantritt seine Treuepflicht gegenüber seinem früheren Arbeitgeber verletzt. Die allgemeine Treuepflicht verbietet unter anderem das Konkurrenzieren des Arbeitgebers und gilt, unabhängig vom Verzicht auf die Arbeitsleistungspflicht, auch während der Freistellung weiterhin (Art. 321a Abs. 3 OR). Es könnte somit sein, dass der frühere Arbeitgeber - sofern er ein schutzwürdiges Interesse hat - eine Unterlassungsklage gegen den Arbeitnehmer anstrengt, sodass dieser seine neue Tätigkeit nicht aufnehmen kann.
Beachte: Je nach Fallkonstellation und Versicherungsdeckung (Berufs- und Nichtberufsunfallversicherung), kommt für Unfälle die Versicherung des neuen oder des alten Arbeitgebers auf. Wichtig ist, den neuen Arbeitnehmer in jedem Fall ab Stellenantritt zu versichern, auch wenn er beim alten Arbeitgeber bereits versichert ist.
Es ist also jedem Arbeitgeber zu empfehlen, genau abzuklären, unter welchen Bedingungen ein Stellenkandidat von seinem früheren Arbeitgeber freigestellt worden ist. Um Komplikationen zu vermeiden, sollte der Arbeitgeber vor der Rekrutierung eines neuen Arbeitnehmers darauf achten, dass dessen vorheriges Arbeitsverhältnis definitiv beendet ist (mittels Aufhebungsvereinbarung oder durch Ablauf Kündigungsfrist).