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Gemäss Art. 337 Abs. 1 OR kann der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmende aus wichtigen Gründen jederzeit und ohne Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist das Arbeitsverhältnis fristlos auflösen. Dabei muss für die kündigende Partei dieser wichtige Grund nach Treu und Glauben die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum nächsten ordentlichen Kündigungstermin oder bis zum Ablauf des befristeten Vertrags nicht zumutbar machen.
Das Vorhandensein eines wichtigen Grundes
Als wichtiger Grund, der für die kündigende Vertragspartei eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar macht, gilt jede Tatsache, die die Vertrauensgrundlage zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmenden zerstört oder wesentlich erschüttert. Dabei müssen gemäss Praxis des Bundesgerichts diese Verfehlungen aus objektiver Sicht geeignet sein, die Zumutbarkeit der Fortführung des Arbeitsverhältnisses zu verunmöglichen (BGE 129 III 380 E.2.1 und 3.1).
Reaktionszeit des Arbeitgebers
Soweit ein wichtiger Grund vorliegt, ist die fristlose Entlassung nach Kenntnis des Entlassungsgrundes umgehend auszusprechen. Wird nämlich mit der fristlosen Kündigung zugewartet, ist anzunehmen, dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht unzumutbar ist und dass der Kündigende auf das Recht der fristlosen Kündigung verzichtet hat (BGE 4A_238/2007 vom 1. Oktober 2007, BGE 117 II 561). Weiter soll mit einer solchen kurzen Frist vermieden werden, dass Unklarheit über die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses besteht.
Obwohl vom umgehenden Aussprechen der fristlosen Kündigung die Rede ist, wird keine augenblickliche Reaktion verlangt, sondern ein Handeln innert einer angemessenen Frist, nachdem alle notwendigen Abklärungen und Untersuchungen getroffen wurden. Auch wenn die Umstände des Einzelfalls ebenfalls zu berücksichtigen sind, geht das Bundesgericht in der Regel von zwei bis drei Arbeitstagen aus, um die notwendigen Informationen zu sammeln sowie zu reflektieren und dann die fristlose Kündigung auszusprechen (BGE 4A_206/2019 vom 29. August 2019 sowie BGE 8C_295/2011 vom 29. Dezember.2011 E.6.3.2).
Besondere Fälle für die Einräumung einer längeren Frist
Eine längere Frist als die oben erwähnten zwei bis drei Arbeitstage ist gemäss Bundesgericht nur denkbar, wenn bei juristischen Personen mit Rücksicht auf die praktischen Erfordernisse des Alltages und des Wirtschaftslebens eine längere Willensbildung notwendig ist. In diesen Fällen, bei denen der Kündigungsentscheid bei einem Gremium und nicht einer Einzelperson liegt, wurde eine Reaktionsfrist von einer Woche gutgeheissen (BGE 4A_454/2007 vom 5. Februar 2008 sowie JAR 1997 S. 209). Eine Verlängerung der Reaktionszeit wurde hingegen verneint, wenn ein Verwaltungsrat, der über eine fristlose Kündigung zu befinden hatte und zu deren Aussprechung auch befugt war, die Rückkehr des Verwaltungsratspräsidenten von einer Geschäftsreise im Ausland abwarten wollte.
Weiter können auch kalendarische Gegebenheiten, zum Beispiel Feiertage wie Weihnachten oder Karfreitag sowie Ferienabwesenheiten zu etwas längeren Reaktionszeiten führen. Im Entscheid BGE 4A_236/2012 hält das Bundesgericht fest, dass eine nicht am Gründonnerstag (Ablauf der dreitägigen Frist nach Entdeckung des wichtigen Grundes für die fristlose Kündigung), sondern am Dienstag nach Ostern ausgesprochene fristlose Kündigung rechtzeitig erfolgt war (vgl. auch Urteil des Kantonsgerichtes Basel-Landschaft vom 7. Mai 2002 in JAR 2003, S. 338f.).
Die Zeit für die Abklärung des Entlassungsgrundes
Von der Reaktionszeit ist die für die effektive Abklärung des Entlassungsgrundes notwendigen Abklärungszeit zu unterscheiden. Letztere ist für eine sorgfältige Klärung des Sachverhalts sowie um allfällige Untersuchungen durchzuführen notwendig und kann je nach Komplexität des Falles eine längere Zeit beanspruchen. Sind jedoch die Abklärungen abgeschlossen, muss der Arbeitgeber unverzüglich und ohne eine weitere Überlegungsfrist die fristlose Kündigung aussprechen (BGE 4C.345/2001 vom 16. Mai 2002 E.3.2.). Zuletzt sei noch bemerkt, dass der Arbeitgeber die notwendigen Untersuchungen zügig einleiten muss; ein allfälliges Zuwarten könnte die Verwirkung der Möglichkeit der fristlosen Kündigung zur Folge haben (AGer ZH AH 190078 vom 26. August 2020, wo ein Zuwarten von 35 Tagen bis zum Einleiten der Untersuchungen als viel zu lang erachtet wurde).
Beweislast für die Rechtzeitigkeit der fristlosen Kündigung
Die Beweis- und Behauptungslast für die rechtzeitige Reaktion bei einer fristlosen Kündigung trägt der Kündigende (TA TI in JAR 2006 S. 521 E. 4, OGer ZH in JAR 1990 S. 273 sowie BGer in JAR 1981 S. 63). Im Falle einer wiederholten oder andauernden Pflichtverletzung durch den Arbeitnehmenden beginnt die Abklärungsfrist nicht zu laufen, solange die Häufung oder die progressive Steigerung die objektive Schwere für einen wichtigen Kündigungsgrund noch nicht erreicht (BGE 97 II 142 E. 3c S. 149).
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