Gesetzlich ist vorgesehen, dass der Arbeitgebende dem Arbeitnehmenden im Krankheitsfall im ersten Dienstjahr für 3 Wochen und danach für eine «beschränkte Dauer» (gemäss Berner, Basler oder Zürcher Skalen oder einem GAV) den Lohn weiterbezahlt, obwohl der Arbeitnehmende nicht arbeitet. Dieses finanzielle Risiko kann der Arbeitgebende durch Abschluss einer Krankentaggeldversicherung absichern. Im Gegensatz zur Unfallversicherung ist der Abschluss einer Krankentaggeldversicherung freiwillig.
Sinn und Zweck der Krankentaggeldversicherung ist es, den Arbeitgebenden von seiner Lohnfortzahlungspflicht zu befreien.
Materielle Voraussetzung – Gleichwertigkeit
Damit die Krankentaggeldversicherung die gesetzliche Lohnfortzahlungspflicht ersetzen kann, müssen die Leistungen der Versicherung im Vergleich zur gesetzlichen Lösung mindestens «gleichwertig» sein (Art. 324a Abs. 4 OR). Dies ist nach der Rechtsprechung insbesondere dann der Fall, wenn die Versicherung Leistungen nach den folgenden Bedingungen ausrichtet:
- während 720 Tagen innert 900 Tagen
- 80% des Lohnes
- bei hälftiger Prämienteilung von Arbeitgebendem und Arbeitnehmendem
- und max. 3 Karenztagen
Ob in anderen Konstellationen (bspw. mehr Lohn bei weniger Tagen) Gleichwertigkeit vorliegt, müsste ein Gericht unter Würdigung der konkreten Versicherungsbedingungen beurteilen. Sind die Versicherungsbedingungen nicht gleichwertig, hat der Arbeitgebende für die beschränkte Dauer nach Gesetz die Differenz bis zum vollen Lohn nachzuzahlen.
Formelle Voraussetzungen – Verweis im Arbeitsvertrag/Reglement
a) Schriftlichkeit
Der Abschluss einer Krankentaggeldversicherung und somit eine Abweichung von der gesetzlichen Lohnfortzahlung erfordert Schriftlichkeit oder eine Regelung in einem Normal- oder Gesamtarbeitsvertrag (Art. 324a Abs. 4 OR).
Schriftlichkeit bedeutet, dass der Arbeitnehmende mit seiner Unterschrift in die Krankentaggeldversicherungslösung und deren Leistungen einwilligt. Die Eckpunkte der Versicherungslösung (insbesondere Dauer, Lohnhöhe, allfällige Karenztage und Prämienverteilung) müssen daher aus der Abrede ersichtlich sein.
In der Regel wird in einem Personalreglement oder in einem Einzelarbeitsvertrag auf eine Krankentaggeldversicherung und die entsprechenden Leistungen verwiesen. Mit der Unterzeichnung des Arbeitsvertrages ist die Voraussetzung der Schriftlichkeit erfüllt. Wird im Einzelarbeitsvertrag lediglich auf ein Personalreglement verwiesen, in welchem die Krankentaggeldlösung geregelt wird, muss das Personalreglement im Einzelarbeitsvertrag zwingend als integrierender Bestandteil des Einzelarbeitsvertrages erklärt werden. Ansonsten ist das Schrifterfordernis nicht erfüllt.
b) Verweis auf Versicherungsbedingungen
Die vertragliche Bestimmung im Arbeitsvertrag oder im Personalreglement muss klar festhalten, dass die Firma eine Krankentaggeldversicherung abgeschlossen hat und die gesetzliche Lohnfortzahlungspflicht dadurch ersetzt wird.
Ganz wichtig ist zudem, die Leistungen der Versicherung klar als solche und nicht als eigene Leistungen der Firma zu kennzeichnen. Zu vermeiden sind Formulierungen wie: «Die Firma bezahlt 80% Lohn während 720 Tagen…». Ansonsten läuft die Firma Gefahr, dass sie für die versprochenen Leistungen der Versicherung haftbar gemacht werden kann für den Fall, dass die Versicherung – aus diversen möglichen Gründen - nicht bezahlt. Stattdessen ist zu empfehlen, im Zusammenhang mit dem Leistungsumfang auf die geltenden Versicherungsbedingungen zu verweisen. Diese müssen dem Arbeitnehmenden mitgeteilt werden.
FĂĽr weitere Fragen steht den Mitgliedfirmen von Swissmem Eva Bruhin, stv. Bereichsleiterin Bereich Arbeitgeberpolitik (e.bruhinnoSpam@swissmem.ch), gerne zur VerfĂĽgung.